Neuregelungen zum Widerrufsrecht im Fernabsatz

gesetzbuchEtwas mehr als ein Jahr ist vergangen, seit der Gesetzgeber umfangreiche Änderungen in den Vorschriften über das Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen vorgenommen hat. Ab dem 4. August 2011 gelten wieder einmal einige neue Regelungen, die zu mehr Verbraucherschutz führen sollen und von Online-Händlern zu beachten sind. Die Gesetzesänderungen machen Anpassungen der Belehrung über das Widerrufs- und das Rückgaberecht erforderlich, weshalb vom Gesetzgeber auch ein neues gesetzliches Muster der Widerrufsbelehrung (und Rückgabebelehrung) ins Rennen geschickt wird. In vielen Fällen besteht Handlungsbedarf für Händler, die die bisherigen Musterbelehrungen verwenden.

 

 Am 4. August 2011 tritt das »Gesetz zur Anpassung der Vorschriften über den Wertersatz bei Widerruf von Fernabsatzverträgen und über verbundene Verträge« in Kraft, das insbesondere den Wertersatz bei Fernabsatzverträgen neu regelt.

Erforderlich wurden diese Änderungen aufgrund einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2009. Damals wurde festgestellt, dass die deutschen Regelungen zum Wertersatz im Falle eines Widerrufs mit den europäischen Richtlinien zum Fernabsatzrecht nicht vereinbar sind. Bisher hatten Verbraucher bei fristgerechtem Widerruf generell Wertersatz für die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme einer im Fernabsatz gekauften Sache zu leisten.

Die Neuregelungen sehen nun vor, dass der Verbraucher, der von seinem Widerrufsrecht Gebrauch macht, jedenfalls keinen Wertersatz für die Nutzung der Sache, die einer Prüfung wie in einem Ladengeschäft entspricht, leisten muss.

Macht der Unternehmer einen Anspruch auf Wertersatz geltend, weil nach seiner Auffassung die Kaufsache über eine solche erwähnte Prüfung hinaus genutzt worden ist, so hat er eine solche Nutzung zu beweisen. Da dies in der Praxis naturgemäß oft mit Schwierigkeiten verbunden ist, kommt den Händlern hierfür ein Anscheinsbeweis zugute. Weist die Ware deutliche bzw. erhebliche Gebrauchsspuren auf, spricht die allgemeine Lebenserfahrung dafür, dass das typische Folge einer intensiven Nutzung und nicht nur einer Prüfung ist. Erheblich soll dabei aber nicht nur die Intensität der Gebrauchsspuren sein. Neben anderen Indizien kann unter Umständen auch die Gesamtsituation herangezogen werden. Der Gesetzgeber führt hier ein plastisches Beispiel heran: Wird etwa ein Kommunionskleid nach dem »Weißen Sonntag« zurückgesandt, kann gegebenenfalls auch aus den Umständen geschlossen werden, dass es getragen und nicht nur anprobiert wurde, auch wenn das Kleid gerade keine erheblichen Gebrauchsspuren aufweist.

Der Verbraucher ist über die Rechtsfolgen und den möglichen Anspruch des Unternehmers auf Wertersatz nach einer über die Prüfung hinausgehenen Nutzung vorab zu informieren. Da im Online-Handel die Nutzung des gesetzlichen Musters der Widerrufsbelehrung weit verbreitet ist, müssen die Belehrungen entsprechend der neuen Vorschriften angepasst werden.

Anders als bei den letzten Änderungen im Juni 2010, die infolge verspäteter Umsetzung durch Händler eine Vielzahl von wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen nach sich zog, gibt es diesmal eine Übergangsfrist von 3 Monaten. Bis zum 4. November 2011 dürfen die bisherigen Widerrufsbelehrungen noch genutzt werden, ohne, dass die gesetzliche Privilegierung verloren geht. Die Verwendung über diesen Zeitpunkt hinaus wird mit einiger Sicherheit erneute Abmahnungen nach sich ziehen. Eine Anpassung der Belehrungen sollte dennoch umgehend erfolgen, allein schon um den Verbraucher ordnungsgemäß im Einklang mit den geänderten gesetzlichen Vorschriften zum Anspruch auf Wertersatz zu belehren.

 

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