LG Berlin: Unerlaubte Rechtsberatung in Internet-Foren

lg berlinDas Landgericht Berlin hat auf Betreiben einer Rechtsanwaltskanzlei gegen den Betreiber eines Forums im April 2013 eine einstweilige Verfügung erlassen, die ihm untersagt, Beiträge zu veröffentlichen, in denen rechtlich beraten wird. Tatsächlich gibt es solche unentgeltlichen Hilfestellungen schon, seitdem es das Internet gibt. Auch in Mailboxnetzen haben User Ende der 1980er Jahre bereits Rechtsfragen gestellt, die dann von anderen Nutzern mehr oder minder kompetent beantwortet wurden.

Es ist zunächst überhaupt nichts dagegen einzuwenden, wenn rechtliche Themen öffentlich kontrovers diskutiert werden. Problematisch wird es aber immer dann, wenn ein Nutzer eine Frage stellt, die sich erkennbar auf einen Sachverhalt bezieht, von dem er persönlich betroffen ist. Dann hilft es natürlich auch nicht, wenn er die Frage augenzwinkernd so stellt, als handle es sich um eine abstrakte Frage.

Nach § 2 Abs. 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) ist eine erlaubnispflichtige  Rechtsdienstleistung jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert. Ausgenommen ist nur die an die Allgemeinheit gerichtete Darstellung und Erörterung von Rechtsfragen und Rechtsfällen in den Medien, § 2 Abs. 3 Ziff. 5 RDG. Wer einzelfallbezogen außerhalb familiärer, nachbarschaftlicher oder ähnlich enger persönlicher Beziehungen Rechtsfragen beantwortet, darf das auch unentgeltlich nur dann, wenn er nachweislich von einem Juristen mit zweiten juristischen Staatsexamen (z.B. Rechtsanwalt, Richter, Assessor) oder einer Person, der eine Rechtsberatungserlaubnis behördlich erteilt wurde, zumindest unterstützt wird. Das ergibt sich aus § 6 Abs. 2 RDG.

Die näheren Hintergründe der Entscheidung des Landgerichts Berlin sind nicht bekannt. Wir gehen davon aus, dass der Betreiber des Diskussionsforums den betroffenen Beitrag nicht löschen mochte, obwohl er von seiner Existenz in Kenntnis gesetzt wurde. In einem solchen Fall haftet der Betreiber persönlich. Löscht er den Beitrag auf eine solche Information hin umgehend, ist er regelmäßig aus dem Schneider. Natürlich haftet auch – und vorrangig – der auskunftsfreudige Nutzer persönlich auf Unterlassung. Der war aber mutmaßlich im Verfahren vor dem Landgericht Berlin namentlich nicht zu ermitteln.

Die Ansicht des Kollegen Solmecke, dass der Entscheidung des Landgerichts Berlin keine einzelfallbezogene Beratung zugrunde lag, teilen wir nicht. Auch wenn wir den Kontext des Verfügungstenors nicht kennen, kommt in dem Text hinreichend zum Ausdruck, dass ein Nutzer ein eigenes Problem dargestellt hatte. Das ergibt sich aus unserer Sicht daraus, dass konkrete Daten genannt werden und der Autor des Ursprungsbeitrags nach noch nicht bekannten Daten konkret gefragt wird.

Im Ergebnis wird daher die Entscheidung des Landgerichts Berlin auch einer Prüfung im Widerspruchs- oder Hauptsacheverfahren Stand halten. Das mag man für erwünscht halten oder für äußerst unbillig. Richtiger Ansprechpartner wäre dann aber nicht die Justiz, sondern der Gesetzgeber, der insoweit eine eindeutige Entscheidung getroffen hat.

Fazit: Forenbetreiber sollten tunlichst darauf achten, ob konkrete Rechtsfragen von Nichtjuristen beantwortet werden. Spätestens auf eine Rüge hin, sollten sie dann tätig werden und den Beitrag löschen.

Ob und in welchem Umfang  ein Rechtsanwalt im Forum antworten darf, ist übrigens bislang nicht abschließend geklärt. Zwar verstößt der Kollege dann natürlich nicht gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz. In Betracht kommt aber ein Verstoß gegen § 4 Abs. 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG), der bestimmt, dass in außergerichtlichen Angelegenheiten eine niedrigere als die gesetzliche Vergütung vereinbart werden, im Ausnahmefall  auch umsonst beraten werden darf. Das muss dann aber in einem » in einem angemessenen Verhältnis zu Leistung, Verantwortung und Haftungsrisiko des Rechtsanwalts stehen«.

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