AG Hannover, Urt. v. 21.02.07, 552 C 11319/06 - Höreraufknall

eigenesache Wer in einem Internetforum über eine Partnervermittlung wahrheitswidrige Behauptungen aufstellt, haftet auf Ersatz der durch eine Abmahnung entstandenen Anwaltshonorare. Ist die entstandene Beeinträchtigung relativ gering, kann sich der Gegenstandswert, der der Berechnung der Honorare zugrunde zu legen ist, an der außergerichtlich verlangten Vertragsstrafe ausrichten.

 

 

 

niedersachsen

AMTSGERICHT HANNOVER
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

Aktenzeichen: 552 C 11319/06
Entscheidung vom 21. Februar 2007

 

In dem Rechtsstreit

[...]

hat das Amtsgericht Hannover Abt. 552 auf die mündliche Verhandlung vom 24.01.2007 durch den Richter am Amtsgericht Immen

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 918,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz auf 459,40 € seit dem 11. August 2006 und auf weitere 459,40 € seit dem 26. Oktober 2006 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 57 % und die Beklagte 43 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin, die ihren Sitz in [...] hat, betreibt eine Partnervermittlung. Die Beklagte hat unter dem Pseudonym »[...]« in Internetdiskussionsforen teilgenommen. Am 19.5.06 veröffentlichte die Beklagte unter ihrem Pseudonym in einem Forum unter »[...]« folgenden Beitrag:

»[...] nicht mehr in norddeutschland?

Liebe Leute,
seit langem schaltet die [...] hier im Norden keine Anzeigen mehr. Weiß einer was? Hab aus Versehen bei der »Zweisamkeit« schonmal gefragt. Wollte aber eigentlich hier posten. Jaja, das Alter.«

Die Klägerin ließ die Beklagte im Hinblick auf diesen Beitrag mit Anwaltsschreiben vom 07.06.06 abmahnen. Die Beklagte unterzeichnete unter dem 08.06.06 eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung, mit der sie sich verpflichtete, für jeden Fall einer Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe in Höhe von 6.000,-- € zu zahlen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgenannte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung verwiesen.

Unter dem 11. November 2006 verfasste die Beklagte unter ihrem Pseudonym in dem Forum »[...]« einen weiteren Beitrag. In diesem Beitrag heißt es unter anderem:

»... Eine andere Kundin erfuhr irgendwann, dass die Höhe der Honorare nicht unerheblich schwankt und rief bei der [...] an, um den Grund für die unterschiedliche Honorierung zu erfahren. Beim ersten Anruf bekam sie folgende Antwort: »Darüber spreche ich nicht, das ist unter meinem Niveau (Höreraufknall).«...«

Auch im Hinblick auf diese Erklärungen wurde die Beklagte anwaltlich abgemahnt, nämlich mit Schreiben vom 20.6.06. Sie unterzeichnete unter dem 26.06.06 eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung, mit der sie sich wiederum für den Fall der Zuwiderhandlung verpflichtete, eine Vertragsstrafe in Höhe von 6.000,-- € zu zahlen. Wegen der Einzelheiten wird auf die vorgenannte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung verwiesen.

Mit der Klage begehrt die Klägerin Erstattung von Rechtsanwaltskosten in Höhe von jeweils 911,80 € für die beiden Abmahnungen sowie Erstattung von 290,-€ Ermittlungskosten.

Die Klägerin behauptet, die Betreiberin des Forums habe sich geweigert, die Identität der Beklagten bekannt zugeben. Die Klägerin habe deshalb die Identität und Anschrift der Beklagten über einen Detektivbüro ermitteln lassen müssen. Dafür seien 290,- € gemäß der Rechnung der Firma [...] GmbH angefallen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.113,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, die Klägerin habe ihre Anschrift von dem Betreiber des Forums erhalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist in Höhe eines Betrages von 918,80 € begründet, im Übrigen unbegründet.

Der Klägerin steht ein Schadensersatzanspruch auf Erstattung der für die beiden Abmahnungen erforderlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von jeweils 459,40 € zu. Die Beklagte hat sich in dem Internetdiskussionsforum negativ über die Firma der Klägerin geäußert. Sie hat am 19. Mai 2006 durch ihren Beitrag zum Ausdruck gebracht, dass die Klägerin in Norddeutschland keine Anzeigen mehr schalte. Dieser Beitrag war generell geeignet, den Ruf der Klägerin zu beeinträchtigen. Zur Abwehr des Anspruches war die Klägerin berechtigt, die Beklagte mit anwaltlicher Hilfe abmahnen zu lassen. Die Beklagte hat die der Klägerin entstandenen Kosten gemäß den §§ 823, 249 ff BGB zu ersetzen. Die für die Abmahnung erforderlichen Kosten belaufen sich auf 459,40 €. Der potentielle Schaden, der der Klägerin aus dem Diskussionsbeitrag entstehen konnte, war nur gering. Jeder, der in Zeitungen eine Anzeige der Klägerin gesehen hatte, hat sogleich bemerken können, dass die Klägerin entgegen dem Beitrag der Beklagten im Internetforum noch Anzeigen schaltet. Als Streitwert daher lediglich ein Betrag in Höhe von 6.000,-- € zu Grunde zu legen, nämlich in Höhe der vereinbarten Vertragsstrafe. Unter Zugrundelegung eines Streitwertes von 6.000,-- € ergibt sich bei einer Gebühr von 1,3 ein Anspruch in Höhe von 439,40 €, so dass unter Hinzurechnung der Auslagenpauschale von 20,-- € ein Anspruch in Höhe von 459,40 € besteht.

Gleiches gilt auch für den weiteren Unterlassungsanspruch. Die Behauptung der Beklagten in dem Beitrag, die Klägerin habe, als sie bei einem Anruf einer Kundin auf eine unterschiedliche Honorierung angesprochen worden sei, geantwortet, darüber spreche sie nicht, dass sei unter ihrem Niveau, ferner sei der Hörer aufgeknallt worden, stellt ebenfalls nur einen geringen Eingriff in die Rechte der Klägerin dar, so dass unter Zugrundelegung der vereinbarten Vertragsstrafe von 6.000,- € wiederum nur ein Streitwert in Höhe von 6.000,-- € zugrunde zu legen war. Auch insoweit errechnet sich ein Anspruch in Höhe von 459,40€.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung von 290,--€ Ermittlungskosten, denn der Vortrag der Klägerin zu diesen Ermittlungskosten ist - auch unter Berücksichtigung des Schriftsatzes der Klägerin vorn21.2.07 - unvollständig. Zwar behauptet die Klägerin, die Betreiberin des Forums habe sich geweigert, die Identität der Beklagten bekannt zugeben. Die Klägerin habe deshalb die Identität und Anschrift der Beklagten über einen Detektivbüro ermitteln lassen müssen. Diesem Vortrag steht aber das von der Beklagten zu den Akten gereichte Schreiben der Klägerin vom 7.12.05 entgegen, in dem es heißt:

»...Wir haben ihre vollständige Adresse; [...] und ihre Mail-Adresse von Herrn [...] der sich als Homepage-Modul-Spendierer ausgibt. ... Ihre Adresse gab er unserem Anwalt....«

Dieses vorgenannte Schreiben der Klägerin steht der ursprünglichen Behauptung der Klägerin zu den Ermittlungskosten entgegen. Das Gericht hatte in der mündlichen Verhandlung vom 24.01.2007 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es aufgrund des von der Beklagten vorgelegten Schreibens der Klägerin vom 07.12.05 davon ausgeht, dass die Anschrift der Beklagten von Herrn [...] mitgeteilt worden ist und die Einschaltung einer Detektei nicht erforderlich gewesen ist. Der weitere Sachvortrag der Klägerin in dem Schriftsatz vom 21.2.07 ist nicht geeignet, den geltend gemachten Anspruch zu begründen. Die vorgelegte Rechnung der Fa. [...] GMBH, auf die die Klägerin ihren Anspruch stützt, datiert vom 22.11.05, während die Klägerin mit email vom 7.12.05 noch die Anschrift »[...]« als die richtige Anschrift der Beklagten bezeichnet. Zudem ist nicht ersichtlich, warum für die Ermittlung der aktuellen Anschrift der Beklagten eine Detektei beauftragt werden musste. Eine EMA-Anfrage wäre ausreichend gewesen, um die aktuelle Anschrift der Beklagten in Erfahrung zu bringen (§ 254 BGB).

Die Zinsentscheidung beruht auf den §§ 246, 286, 288 BGB.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Immen

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