OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.05.07, I-15 U 6/07 – partnervermittlungsvergleich.de

eigenesache Es kann offen bleiben, ob auch derjenige Störer ist, der zwar nicht Betreiber des Forums, aufgrund seiner Stellung aber gleichwohl in der Lage ist, auf die veröffentlichten Inhalte - legal, also ohne Verletzung der Rechte des Betreibers - Einfluss zu nehmen, insbesondere die Veröffentlichung bestimmter Inhalte zu verhindern oder bestimmte bereits veröffentlichte Beiträge zu löschen. Denn jedenfalls reicht es für den Nachweis einer solchen Einflussmöglichkeit nicht aus, dass ein Kooperationspartner des Forenbetreibers diesem ein Mobiltelefon zur Verfügung stellt und als deutscher Kontakt zur Verfügung steht.

Instanzen: LG Düsseldorf , Urt. v. 13.12.06, 12 O 361/06; OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.05.07, I-15 U 6/07

Streitwert: 25.000 €

 

nrw

OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

Aktenzeichen: I-15 U 6/07
Entscheidung vom 30. Mai 2007

 

In dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung

[...]

hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 23. Mai 2007 durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Schüßler, die Richterin am Oberlandesgericht Peters und den am Landgericht Schumacher

für Recht erkannt:

Die Berufung der Verfügungsklägerin gegen das Urteil der 12. Zivilkammer Landgerichts Düsseldorf vom 13. Dezember 2006 - 12 O 361/06 -zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Verfügungsklägerin.

Gründe

I.

Mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung verfolgt die Verfügungsklägerin das Ziel, der Antragsgegnerin zu untersagen, im Internet ein Angebot zu erhalten bzw. zu unterstützen, in dessen Rahmen über Erfahrungen mit der Verfügungsklägerin berichtet wird, hilfsweise ihr zu untersagen, bestimmte geschäftsschädigende Äußerungen zu veröffentlichen bzw. an deren Veröffentlichung mitzuwirken. Wegen der tatsächlichen Feststellungen erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Auch nach Durchführung der mündlichen Verhandlung sei nicht glaubhaft, also überwiegend wahrscheinlich, dass die Verfügungsbeklagte als Störerin anzusehen und da gemäß §§ 823, 1004 BGB analog zur Unterlassung des beanstandeten Verhaltens verpflichtet sei. Da sie die in Rede stehenden Äußerungen unstreitig nicht selbst ins Internet eingestellt habe, komme eine Inanspruchnahme der Verfügungsbeklagten nur nach den Grundsätzen der Störerhaftung in Betracht. Danach könne derjenige auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Rechtsgutes beitrage. Diese Überlegungen träfen auf den Betreiber bzw. Anbieter eines Diskussionsforums im Internet zu, da er durch Eröffnung des Forums die Möglichkeit biete, Inhalte zu platzieren, zu verbreiten und von diesen Kenntnis zu nehmen.

Indes könne nicht mit der zur Glaubhaftmachung im einstweiligen Verfügungsverfahren erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die Verfügungsbeklagte Betreiberin des in Rede stehenden Forums sei. Zwar sei auf der betreffenden Internetseite die zu ihrem Mobiltelefon gehörende Nummer als »Deutscher Kontakt« angegeben. In ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 13. November 2006 habe sie jedoch angegeben, der [...] Ltd. in ihrer Funktion als Unternehmensberaterin lediglich ein auf sie angemeldetes Handy zur Verfügung gestellt zu haben. Weder sei sie (Mit-)Inhaberin dieser Firma noch gesetzliche Vertreterin oder Mitarbeiterin und habe auch keinen rechtlichen Einfluss darauf, welche Beiträge im Forum veröffentlich würden; auch habe sie in keiner Weise tatsächlichen Einfluss auf die veröffentlichten Beiträge gehabt oder genommen; das Forum werde nicht von ihr betrieben. Allerdings seien die beanstandeten Äußerungen auf mit den Domains »[...].de«, »[...].de« und »[...].co.uk« adressierten Seiten erschienen und die Verfügungsbeklagte habe - ausweislich der von der Verfügungsklägerin vorgelegten Anlage 9 - eine E-Mail unter der Abenderkennung »kontakt@[...].de« versandt. Kurze Zeit nach dieser E-Mail sei tatsächlich die von ihr angesprochene »Ferienhausproblematik« auf der Seite »[...].co.uk« veröffentlicht worden. Dies zeige, dass die Verfügungsbeklagte ohne weiteres in der Lage sei, selbst eine Veröffentlichung auf der genannten Domain vorzunehmen. All das sei jedoch noch nicht ausreichend, um mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen zu können, dass sie Anbieterin bzw. Betreiberin des Internetforums sei. Dies gelte auch dann, wenn man berücksichtige, dass sie in ihrer an die Familie [...] gerichteten E-Mail angemerkt habe, sie - die Familie - solle wissen, »dass unsere Firma Internetforen betreibt«. Zwar gebe es eine Anzahl von Umständen, die eine gewisse »Nähe« zum Forenbetreiber [...] Ltd. in England zeigten; die Indizien reichten jedoch (noch) nicht aus, mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass es die Verfügungsbeklagte sei, die hinter dieser Firma stehe.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Verfügungsklägerin, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ihr Antragsbegehren - hinsichtlich des Hilfsantrages nur noch in eingeschränktem Umfange - weiterverfolgt. Sie ist der Auffassung, das angefochtene Urteil beruhe auf einer unrichtigen rechtlichen Würdigung des zur Entscheidung gestellten Sachverhalts. Für die Frage, ob die Verfügungsbeklagte Störerin sei, komme es nicht darauf an, ob sie Betreiberin des streitgegenständlichen Forums sei; entscheidend sei allein, ob sie die faktische Möglichkeit habe, die gerügten Beiträge zu löschen. Hierzu reiche es vollkommen aus, wenn sie eine tatsächliche Zugriffsmöglichkeit besitze oder aufgrund ihrer Stellung faktisch Einfluss auf den Betreiber nehmen könne. Nach den vorgetragenen und im angefochtenen Urteil wiedergegebenen Indizien sei es jedenfalls überwiegend wahrscheinlich, dass die Verfügungsbeklagte entscheidenden Einfluss auf die Gestaltung des Internet-Angebots habe und in der Lage sei, Beiträge nicht nur einzustellen, sondern auch zu löschen. Hierfür spreche vor allem der Umstand, dass sie die Domain »kontakt@[...].de« für ihre private Korrespondenz nutze. Es widerspreche jeder Lebenserfahrung, dass der Betreiber eines Internetforums diese E-Mail-Adresse nicht selber nutze, sondern einer externen Unternehmensberaterin zur Verfügung stelle. Externe Unternehmensberater pflegten zudem nicht die Unternehmen, die sie betreuten, als »unsere Firma« zu bezeichnen. Auch stellten sie typischerweise nicht einem Mandanten über Jahre hinweg ihre Telefonnummer zur Verfügung.

Die Verfügungsklägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 13. Dezember 2006 - 12 O 361/06- abzuändern und der Verfügungsbeklagten bei Meidung eines Ordnungsgelds in Höhe von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verbieten,

im Internet ein Angebot zu unterhalten und/oder zu unterstützen, in dessen Rahmen über Erfahrungen mit der Verfügungsklägerin berichtet wird,

hilfsweise,

im Internet die nachfolgend wiedergegebenen Äußerungen zu veröffentlichen und/oder an der Veröffentlichung mitzuwirken:

1. »Ich verfolge recht lange die Beiträge über die Machenschaften der [...]. Es scheint hier mal wieder Stress zu geben? Mal meine Meinung zu dieser [...]. Ich habe zu dieser [...] Unterlagen, die sich im Rahmen einer Reportage sehr gut machen werden. Diese gehen Ihnen in den nächsten Tagen zu. Rufen Sie mich (Tel.-bekannt) doch mal an. Aktenzeichen zu veröffentlichen ist sicher nicht verboten! «

(Verfasser: »Donner« am 17.06.2006, 17:45 Uhr)

2. »Bei der Partnervermittlung [...] habe ich mich einmal am Telefon nach Preisen erkundigt. Da wird einem nichts dazu gesagt. «

(Verfasser: »Wendisch« am 22.06.2006, 18:53 Uhr)

3. »Warum sind denn die negativen Beiträge über diese komische Vermittlungsagentur hier verschwunden. «

(Verfasser: »woodline« am 16.07.2006, 22:49 Uhr)

4. »Habe gerade ein Telefonat mit dieser Agentur geführt. Und sollte die Betreuung wie das Telefonat verlaufen, kann ich jedem nur davon abraten. Äußerst unfreundlich, für den ersten Kontakt viel zu neugierig und dann noch dumm-dreist...«

(Verfasser: »Gazellchen« am 24.07.2006, 15:58 Uhr)

5. »Über die Werbung dieser [...] lach ich mal voll ab. Ich bin zwar sehr aktiv auf Partnersuche, aber den Schei... bringt mich nur zum lachen. «

(Verfasser: »Jennifer« am 18.08.2006 um 18:42 Uhr).

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt das angefochtene Urteil. Es liege bereits kein Verfügungsgrund vor, da die in Rede stehenden Internetbeiträge aus dem Zeitraum ab Juni 2006 stammten, das Verfahren indes erst mit Schriftsatz vom 09. Oktober 2006 eingeleitet worden sei. Der Hauptantrag habe schon deshalb keine Aussicht auf Erfolg, weil er unbestimmt und darüber hinaus auf einen unzulässigen Inhalt gerichtet sei. Das allgemeine Unterhalten einer Internetplattform könne nicht untersagt werden. Letztlich komme es darauf aber nicht an, da sie weder Betreiberin des streitgegenständlichen Forums sei, noch auf die dort veröffentlichten Beiträge rechtlichen oder tatsächlichen Einfluss habe. Aus diesem Grunde sei auch der Hilfsantrag abzuweisen. Vorsorglich werde bestritten, dass die zitierten Äußerungen unwahr seien; zudem seien sie von der allgemeinen Meinungsfreiheit gedeckt. Auch nutze sie nicht die Domain »kontakt@[...].de« für ihre private Korrespondenz. Nicht sie, sondern ein anderer Unternehmensberater, Herr [...], habe sich (lediglich) die E-Mail-Adresse gesichert, um sie der [...] Ltd. zur Verfügung zu stellen. Dieser sei es im Übrigen auch gewesen, der die an die Familie [...] gerichtete E-Mail versandt habe. Darunter habe er »Familie [...]« geschrieben, weil sie - die Verfügungsbeklagte - die Ferienhäuser angemietet gehabt habe und er lediglich Mitreisender gewesen sei. Mit der Formulierung, dass »unsere Firma Internet-Foren betreibt«, habe er der Beschwerde lediglich Nachdruck verleihen wollen.

II.

Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu Recht zurückgewiesen. Die Auffassung der Kammer, die von der Verfügungsklägerin vorgetragenen Indizien seien auch in der Gesamtschau (noch) nicht ausreichend, um mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen zu können, dass die Verfügungsbeklagte Betreiberin des in Rede stehenden Internetforums sei, ist nicht zu beanstanden. Die Frage, ob und in welchem Umfange die Verfügungsklägerin mit ihren Anträgen gegen den (tatsächlichen) Betreiber der Internetplattform durchdringen könnte, bedarf daher keiner Entscheidung.

Offen bleiben kann des Weiteren, ob auch derjenige als Anspruchsgegner in Betracht kommt, der zwar nicht Betreiber des Forums, aufgrund seiner Stellung aber gleichwohl in der Lage ist, auf die veröffentlichten Inhalte - legal, also ohne Verletzung der Rechte des Betreibers - Einfluss zu nehmen, insbesondere die Veröffentlichung bestimmter Inhalte zu verhindern oder bestimmte bereits veröffentlichte Beiträge zu löschen. Denn auch eine derartige Stellung der Verfügungsbeklagten hat die Verfügungsklägerin - auch bei Berücksichtigung aller vorliegenden Indizien - (noch) nicht glaubhaft gemacht.

Gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts ist nichts zu erinnern. Selbst wenn man unterstellt, die Verfügungsbeklagte habe - entgegen ihrer Behauptung - eine E-Mail-Adresse (»,kontakt@[...].de«) des Forenbetreibers [...] Ltd. für ihre private Kommunikation genutzt - wenn also sie es war (und nicht der Unternehmensberater [...]), die die an die Familie [...] gerichtete E-Mail vom 12. September 2006 verfasst hat und wenn die o.g. E-Mail-Adresse (wie die Internetseite gleichen Namens) tatsächlich der [...] Ltd. zuzuordnen sein sollte - ließe dies auch in Zusammenschau mit den anderen Indizien - insbesondere dem »zur Verfügung gestellten« Handy - allenfalls den Schluss zu, dass zwischen der Verfügungsbeklagten und dem Forenbetreiber eine engere Verbindung besteht, als von der Verfügungsbeklagten eingeräumt wird. Welcher Art diese Verbindung ist, liegt allerdings im Dunkeln. Insbesondere kann aus den vorliegenden Umständen noch nicht gefolgert werden, dass es die Verfügungsbeklagte selbst ist, die - in verantwortlicher Stellung - hinter der [...] Ltd. steht und ebenso wenig, dass sie aufgrund ihrer Verbindung zu der (oder den) tatsächlich verantwortlichen Person(en) bestimmenden Einfluss darauf hat, ob bestimmte Äußerungen aus dem Internetforum gelöscht werden oder nicht. Sicherlich lassen die von der Verfügungsklägerin zusammengetragenen Indizien eine derartige Stellung der Verfügungsbeklagten möglich erscheinen, »überwiegend wahrscheinlich«, also wahrscheinlicher als alle anderen denkbaren Möglichkeiten - so könnte sie etwa dem (oder einem der) tatsächlichen Betreiber lediglich persönlich verbunden sein, ohne dabei bestimmenden Einfluss auf das Forum nehmen zu können - und damit im Sinne von §§ 936, 920 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft gemacht, ist dies jedoch nicht. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass die Verfügungsbeklagte immerhin an Eides Statt versichert hat, nicht Betreiberin des Internetforums zu sein und auch keinen Einfluss darauf zu haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Eines Ausspruchs zur vorläufigen Vollstreckbarkeit bedurfte es nicht, da die Entscheidung mit ihrer Verkündung rechtskräftig wird, § 542 Abs. 2 ZPO (vgl. auch Zöller / Herget, ZPO, 26. Auflage 2007, § 713 Rdnr. 1).

Wert für das Berufungsverfahren: 25.000,00

Schüßler           Peters          Schumacher

 

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