LG Düsseldorf, Urt. v. 02.07.08, 12 O 208/08 – Patent Suit

 

Werden zu einem Schriftsatz entgegen § 184 S. 1 GVG englischsprachige Anlagen ohne Übersetzung eingereicht, muss sich das Gericht damit nicht beschäftigen.

Streitwert: 15.000 €

nrw

LANDGERICHT DÜSSELDORF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

Aktenzeichen 12 O 208/08
Entscheidung vom 2. Juli 2008

 

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren

[...]

hat die 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 11.06.2008 durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht von Gregory, den Richter am Land­gericht Dr. Wirtz und den Richter Büter

für Recht erkannt:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin kann die Vollstre­ckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Ur­teils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vorab Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betra­ges leistet.

Tatbestand

Die Antragstellerin vertreibt ein Produkt namens [...] der Firma [...] Belgien.

Die Antragsgegnerin ist Inhaberin der Website »[...]«. Durch Eingabe dieser Adresse gelangte der Internetnutzer auf eine Seite, welche den aus Anlage ASt 2 (Bl. 7 GA) ersichtlichen Inhalt hatte. Unter anderem hieß es dort: „[...] FILES PATENT INFRINGEMENT SUIT AGAINST [...] IN GERMANY«.

Für die Antragsgegnerin ist zudem ein Herr [...] als Vertreter tätig. Nach umstrit­tenen Vortrag hat er gegenüber Kunden der Antragstellerin, den Herren Dr. [...] und Dr. [...], mehrere Behauptungen über sie hinsichtlich von Patentverlet­zungen aufgestellt.

Die Antragstellerin ist der Ansicht, die Parteien seien Wettbewerber, da die Antragsgegnerin Wettbewerbsprodukte vertreibe. Sie behauptet, gegen sie liege keinerlei gerichtliche Verfügung bezüglich eines Patentverletzungsverfahrens vor; die ent­sprechende Behauptung auf der Homepage sei damit wettbewerbswidrig. Des weite­ren habe Herr [...] die aus den folgenden Anträgen zu 2.-4. ersichtlichen Be­hauptungen aufgestellt.

Sie beantragt daher im einstweiligen Verfügungsverfahren,

es der Antragsgegnerin bei Meldung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwi­derhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, eine Ordnungshaft oder eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu untersagen, auf der Website [...] zu behaupten,

1. »[...] FILES PATENT INFRINGEMENT SUIT AGAINST [...] IN GERMANY«

2. »Die Firma und den Service gibt es bald nicht mehr, weil wir die verklagen.«

3. »Da ist eine Patentverletzung, das darf [...] überhaupt nicht«

4. »Das [...] Atemgasanalysegerät wäre ein unerlaubtes Nachahmersys­tem«.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Sie behauptet, der Besucher der Internetseite »[...]« werde auf die Seite der schwedischen Muttergesellschaft weitergeleitet. Diese habe tatsächlich eine Patent­verletzungsklage gegen die belgische Muttergesellschaft der Antragstellerin beim Landgericht Düsseldorf und damit in Deutschland eingereicht. Die angegriffenen Äu­ßerungen habe der Herr [...] so nicht getätigt; er habe vielmehr nur auf die Kla­geerhebung und die damit verbundenen möglichen Folgen hingewiesen.

Bezüglich des weiteren Parteivortrages wird auf den Inhalt der vorbereitend einge­reichten Schriftsätze nebst eidesstattlichen Versicherungen sowie der Entschei­dungsgründe verwiesen.

Entscheidungsgründe

Der zulässige Antrag ist unbegründet.

Die Antragstellerin hat keine Tatsachen glaubhaft gemacht, welche die begehrten Unterlassungsansprüche stützen könnten.

1. Ein Anspruch aus § 8 Abs. 1 i.V.m. §§ 3, 4 Nr. 7, 8 UWG scheitert bereits daran, dass die Antragstellerin das Vorliegen eines Wettbewerbsverhältnisses weder darge­legt noch glaubhaft gemacht hat. So hat sie lediglich vorgetragen, die Antragsgegne­rin sei Wettbewerberin und vertreibe Wettbewerbsprodukte. Zur Tätigkeit der An­tragsgegnerin sagt sie dagegen nichts; die ursprünglich eingereichten eidesstattli­chen Versicherungen äußern sich hierzu ebenfalls nicht. Auf ausdrücklichen Hinweis im Beschluss vom 05.05.2008, dass entsprechende Bedenken bestehen, hat die An­tragstellerin die eidesstattliche Versicherung vom 11.06.2008 (Bl. 33 GA) eingereicht, welche jedoch ebenfalls keinerlei Ausführungen IDezüglich der Antragsgegnerin ent­hält. Die Ausführungen, es bestehe ein Wettbewerbsverhältnis, beinhalten eine rechtliche Schlussfolgerung, können entsprechenden Tatsachenvortrag demnach nicht ersetzen. Darüber hinaus darf das Gericht auch nicht sämtliche überreichten Anlagen darauf durchsuchen, ob möglicherweise Hinweise auf ein VVettbewerbsver­hältnis bestehen. Dies gilt erst recht, soweit diese Anlagen trotz der in § 184 S. 1 GVG angeordneten Gerichtssprache nur auf Englisch ohne Übersetzung zur Akte gelangt sind.

2. Auch weitere Unterlassungsansprüche aus § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog i.V.m. §§ 823 Abs. 1, 824 BGB sind nicht gegeben. Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass die angegriffenen Äußerungen unzutreffend beziehungsweise über­haupt getätigt worden sind.

a) Soweit es die Äußerung auf der Internetseite betrifft, ist das Gericht nicht überwie­gend davon überzeugt, dass sie unzutreffend ist.

Es spricht alles dafür, dass die angekündigte Klage derzeit zumindest schon anhän­gig ist. Die Antragsgegnerin hat die Durchschrift einer Klageschrift an das LG Düs­seldorf vom 19.03.2008 zur Akte gereicht, welche patentrechtliche Ansprüche der [...] AB in Schweden gegen die [...] S.A. in Belgien zum Gegenstand hat. Es ist zudem gerichtsbekannt, dass ein Verfahren zwischen den beiden Parteien bei der 4a. Zivilkammer dieses Gerichts, welche für Patentstreitigkeiten zuständig ist, anhängig ist.

Unerheblich ist dabei, ob die Klage bereits zugestellt worden ist. Zwar gilt eine Klage nach § 253 Abs. 1 ZPO erst dann als »erhoben«, wenn sie dem Gegner zugestellt worden ist. Der durchschnittliche Leser der angegriffenen Überschrift, der in der Re­gel juristischer Laie sein wird, wird jedoch bereits den Eingang der Klageschrift bei Gericht, möglicherweise sogar schon deren Absendung durch den Kläger als »Klage­erhebung« bezeichnen.
Die Antragstellerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass zumindest gegen sie keine Klage eingereicht worden ist. Der Aussageteil »in Germany« könnte zwar auf die Firma MediSoft bezogen werden, so dass der Eindruck erweckt wird, die deut­sche Gesellschaft sei betroffen. Er könnte sich aber ebenso gut auf die Klageerhe­bung beziehen; diese ist jedoch in Düsseldorf und damit tatsächlich in Deutschland erfolgt. Ob also der zwingende Eindruck erweckt worden ist, die Antragstellerin in Deutschland sei Gegnerin der Klage, ist nicht dargelegt worden, da insbesondere die hinter der Überschrift stehende Nachricht, welche ausweislich der Angaben auf der Homepage als pdf-Datei hinterlegt war, nicht zum Vortragsgegenstand gemacht wor­den ist.

b) Hinsichtlich der drei vermeintlichen Äußerungen des Herrn [...] ist der Antrag entsprechend der Anspruchsbegründung so auszulegen, dass sich der Bestandteil »auf der Website [...]« nur auf die Äußerung zu 1. bezieht. Der Wortlaut, wo­nach auch wegen der Äußerungen zu 2. bis 4. die Untersagung auf der Website Ae­rocrine begehrt wird, ist offensichtlich eine sprachliche Ungenauigkeit, da diese Seite unstreitig niemals entsprechende Äußerungen enthalten hat; schon nach dem Vor­trag der Antragstellerin soll nämlich der Herr [...] die Aussagen getätigt haben.

Auch bei einer solchen Auslegung fehlt es aber an der Begründetheit. So hat die Antragstellerin nicht glaubhaft machen können, dass die Aussagen überhaupt so getätigt worden sind. Den überreichten Anlagen und den beiden eidesstattlichen Versi­cherungen des Herrn [...] steht die eidesstattliche Versicherung des Herrn [...] selbst gegenüber. Dieser räurnt zwar ein, sich zur Patentverletzungsklage geäu­ßert zu haben, will die konkret angegriffenen Äußerungen aber weder wörtlich noch sinngemäß getätigt haben. Es besteht auch kein Anlass, der Erklärung des Herrn [...] einen höheren Glaubhaftmachungswert beizumessen. Dabei ist insbesonde­re zu berücksichtigen, dass dieser bei den entsprechenden Gesprächen persönlich überhaupt nicht dabei war, sondern seine Angaben alleine auf Hörensagen stützen kann.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufi­gen Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 708 Nr. 6, 711 ZPO.

III.

Streitwert: 15.000,- €

von Gregory                Dr. Wirtz                 Büter

 

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