AG Düsseldorf, Urt. v. 13.09.13, 30 C 16018/12 - Internet-Systemvertrag

eigenesache Die Weigerung der nicht beweispflichtigen Partei, Namen und Anschrift eines nur ihr bekannten Zeugen mitzuteilen, kann als Beweisvereitelung im Rahmen des § 286 ZPO gewürdigt werden.

Streitwert: 4.520,08 €

nrw

AMTSGERICHT DÜSSELDORF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

Aktenzeichen: 30 C 16018/12
Entscheidung vom 13. September 2013

 

In dem Rechtsstreit

[...]

hat das Amtsgericht Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 12.07.2013 durch die Richterin Hofmann

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4520,08 € nebst Zinsen in Hö­he von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.02.2013 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Streitwert: 4520,08 €sr

TATBESTAND

Die Klägerin verlangt aus eigenem und abgetretenem Recht die Rückzahlung von Zahlungen für einen Internetsystemvertrag.

Die Klägerin unterhielt mit Frau [...] und Frau [...] die Hebammenpraxis »[...]« (im Folgenden GbR), die als Gesellschaft bürgerlichen Rechts betrieben wurde.

Am 29.05.2009 unterschrieb die Klägerin als vertretungsbefugte Gesellschafterin der GbR einen Intemet-Systemvertrag mit der Beklagten, die bei Vertragsschluss in den Räumen der GbR von der dort anwesenden Vertreterin der Beklagten, der Zeugin Rudolph, vertreten wurde. Dieser Vertrag sah bei einer Laufzeit von 48 Monaten ein monatliches Entgelt in Höhe von 119,- €, zahlbar jährlich im Voraus, sowie wie eine Anschlussgebühr in Höhe von 199,- € vor.

Mit Schreiben vom 05.06.2009 erklärte die Klägerin gegenüber den Beklagten, dass sie von dem Vertrag wegen arglistiger Täuschung zurücktrete und die Einzugs­ermächtigung widerrufe.

Nachfolgend zog die Beklagte jährlich die Vergütung von dem Konto der GbR ein.

Aus der GbR schied die Klägerin zum 31.10.2010 aus und die GbR löste sich sodann im März 2011 auf.

Die Klägerin behauptet, die Mitarbeiterin der Beklagten, Frau [...], habe ihr bei Vertragsschluss zuge­sagt, dass die lnternetseite kostenlos erstellt würde, wenn sich der Vertragspartner bereit erkläre für Repräsentationszwecke zur Verfügung zu stehen und Empfehlun­gen auszusprechen. Daraufhin habe sie den Vertrag ohne weiteres Durchlesen unterzeichnet. Nachdem die Klägerin erkannt habe, dass der Vertrag diese Abrede nicht abbilde, hab sie die Anfechtung erklärt.

Die Klägerin sei hinsichtlich der Rückforderungsansprüche aktivlegitimiert, da die ehemaligen Gesellschafterinnen der GbR »[...]« ihr unter dem 14.12.2012 al­le Forderungen gegen die Beklagte abgetreten hätten.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 4520,08 € nebst Zinsen in Hö­he von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin mit Nichtwissen.

Bezüglich des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsät­ze nebst Anlagen verwiesen.

Die Klageschrift ist der Beklagten m 08.02.2013 zugestellt worden.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Die zulässige Klage ist begründet.

I.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf die Rückzahlung der, von dem Konto der GbR eingezogenen Beträge gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 1, § 398 BGB.

Zunächst ist die Klägerin aktivlegitimiert. Die Abtretung ist als unstreitig zugrunde zu legen.

Die Klägerin hat unter Vorlage der schriftlichen Abtretungserklärung substan­tiiert zu der Abtretung der Ansprüche der GbR »[...]« durch die übrigen Ge­sellschafterinnen vorgetragen. Das bloße Bestreiten der Beklagten mit Nichtwissen reicht nicht aus, um die Aktivlegitimation in Streit zu stellen. Der Beklagten wäre es möglich und zumutbar gewesen, ihr Bestreiten zu substantiieren.

Nach § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB ist derjenige, der durch die Leistung eines ande­ren etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, zur Herausgabe verpflichtet.

Diese Voraussetzungen liegen vor.

Die Beklagte hat etwas — nämlich die Gutschrift der Forderungsbeträge auf ihrem Konto — erlangt. Dies geschah auch durch Leistung der GbR. In der Abbuchung vom Konto des Anweisenden zugunsten des Kontos des Empängers liegt eine Leistung des Anweisenden an den Anweisungsempfänger (BGH NJW 2006, 1965; Sprau in Palandt, 72. Auflage, 2013 § 812 Rn. 108). Im vorliegenden Fall war der GbR die An­weisung zuzurechnen, da die Klägerin in Vertretung der GbR ursprünglich eine Ab­buchungsermächtigung erteilt hatte. Die Lastschriftzahlungen beruhten nämlich auf der ursprünglich erteilten Einzugsermächtigung durch die vertretungsberechtigte Klä­gerin. Da die Klägerin ihre Bank nicht von dem Widerruf der Einzugsermächtigung unterrichtet hat, musste sich die GbR die Anweisung weiter zurechnen lassen.

Die Leistung erfolgte auch ohne Rechtsgrund. Der Internetsystemvertrag ist gemäß § 142 BGB als von Anfang an nichtig anzusehen.

Die Klägerin hat wirksam die Anfechtung ihrer Willenserklärung erklärt. Ihre Erklä­rung vom 05.06.2009 ist als Anfechtungserklärung auszulegen. Zwar benutzte die Klägerin in ihrem Schreiben die Worte »zurück treten«, erkennbar ist jedoch, dass sie erreichen wollte, dass sich die GbR ohne weitere Verpflichtungen, mit sofortiger Wir­kung lösen sollte, weil sich die Klägerin von der Vertreterin der Beklagten getäuscht fühlte.

Die GbR stand auch ein Anfechtungsrecht gemäß § 123 Abs. 1 BGB zu. Nach dieser Vorschrift kann derjenige, der durch eine arglistige Täuschung zur Abgabe einer Wil­lenserklärung bestimmt worden ist, die Erklärung anfechten. Diese Voraussetzungen liegen vor.

Es ist davon auszugehen, dass die Abschlussbevollmächtigte der Beklagten, die Zeugin Rudolph, die Klägerin als Vertreterin der GbR über den Inhalt des Vertrages getäuscht hat. Das Gericht geht aufgrund des Verhaltens der Beklagten davon aus, dass die Behauptung der Klägerin, sie habe den Vertrag ungelesen unterschrieben, weil die Zeugin [...] ihr zugesagt habe, dass die Leistungen kostenlos sein soll­ten und die GbR lediglich zu Repräsentationszwecke zur Verfügung stehen sollte, dies sei wie sich erst nach der Unterschrift herausgestellt habe jedoch gar nicht Inhalt des Vertrages gewesen, bewiesen ist. Die Weigerung der nicht beweispflichtigen Partei, Namen und Anschrift eines nur ihr bekannten Zeugen mitzuteilen, kann als Beweisvereitelung im Rahmen des § 286 ZPO gewürdigt werden (BGH NJW 2008, 982, 984). Die vorsätzliche Beweisvereitelung führt in analoger Anwendung der §§ 427, 444 BGB zu der Überzeugung des Gerichts, dass die Behauptung der Klägerin als bewiesen anzusehen ist. Mit der Weigerung der Beklagten, eine ladungsfähig An­schrift der Zeugin [...] oder den Namen und die Adresse der Vertriebsagentur, bei der die Zeugin beschäftigt ist, zu nennen, hat die Beklagte den Beweis der Kläge­rin durch Vernehmung der Zeugin vorsätzlich vereitelt. Eine andere Motivation der Beklagten, trotz Hinweis des Gerichts keine weiteren Auskünfte zu der Erreichbarkeit der Zeugin zu geben, ist nicht ersichtlich. Dass die Beklagte keine weiteren Auskünf­te hätte erteilen können, erscheint dagegen ausgeschlossen, da der Beklagten zu­mindest der Arbeitgeber der Zeugin [...] - die von der Beklagten beauftragte Vertriebsagentur - bekannt sein muss.

Der Anspruch der Klägerin auf Prozesszinsen folgt aus §§ 288, 291 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11, § 709 ZPO.

Hofmann 

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