Kündigung von Kreditkartenverträgen

Tobias H. Strömer / Juni 2002 

kreditkarteDie EURO Kartensysteme GmbH hat in den letzten Tagen von den derzeit etwa 400.000 mit Handels- und Dienst-leistungsunternehmen geschlossenen Serviceverträgen 500 Verträge gekündigt. Dabei hat es sich nach Angaben des Kreditkartenunternehmens ausnahmslos um solche Unternehmen gehandelt, die in dem mit einem Missbrauchsrisiko verbundenen Bereich des Mail-/Telefonorder und E-Commerce tätig sind. Das Unternehmen begründet seine Entscheidung mit einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16. April 2002 (XI ZR 375/00), in dem neuerdings solche Verträge nicht mehr als Forderungskauf, sondern als abstraktes Schuldanerkenntnis gewertet werden.

Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16. April 2002 liegt ein Streit zwischen einem Kreditkarten- und einem Vertragsunternehmen um die Berechtigung zu Grunde, vom Vertragsunternehmen einen Betrag in Höhe von etwa 20.000,00 DM zurückfordern zu können, weil sich nach belegloser Zahlung herausgestellt hat, dass nicht der Karteninhaber sondern ein unbekannter Dritter unter Angabe der Kreditkartennummer und des Verfalldatums Ware bestellt hatte. Bislang hatte auch der Bundesgerichtshof die Verträge zwischen Kreditkarten- und Vertragsunternehmen als Forderungskauf beurteilt. Hatte der Kreditkarteninhaber einen Vertrag mit dem Vertragsunternehmen gar nicht abgeschlossen, war danach natürlich auch keine Forderung des Vertragsunternehmens gegen den Kreditkarteninhaber entstanden. Der Aufkauf der Forderung durch das Kreditkartenunternehmen ging damit ins Leere, der Händler hatte das Nachsehen.

Der Bundesgerichtshof weicht von dieser Auffassung nunmehr ab und beurteilt das zu Grunde liegende Vertragsverhältnis als abstraktes Schuldanerkenntnis mit einem Garantieversprechen. Ausschlaggebend hierfür sei insbesondere, dass sich aus der Sicht des Vertragsunternehmens - unabhängig von der genauen Bezeichnung des Vertrages - das Vertragsverhältnis so darstelle, dass das Kreditkartenunternehmen nach Akzeptierung des beleglosen Zahlungsverkehrs im Internet eine Garantie für die über die Kreditkartennummer getätigten Geschäfte übernommen habe. Das Vertragsunternehmen verstehe den Vertrag nicht so, dass das Kreditkartenunternehmen die Forderung des Vertragsunternehmers aufkaufe, sondern vielmehr als Gewährleistung, für die über die vom Kreditkartenunternehmen herausgegebene Kreditkartennummer getätigten Geschäfte geradestehen zu wollen. Vor diesem Hintergrund stelle sich die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen verankerte Klausel, wonach das Vertragsunternehmen bei einem Widerspruch des Karteninhabers zur Rückzahlung bereits erhaltener Leistungen verpflichtet sei, unzulässig. Die Klausel sei unangemessen und benachteilige das Vertragsunternehmen unangemessen.

Für die Kreditkartenunternehmen bedeutet das, dass sie in Zukunft bei unveränderter Vertragslage dem Vertragsunternehmen für jeden Missbrauch einer Kartennummer haften müssen. Das Risiko wird durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom Vertragsunternehmen vollständig auf das Kreditkartenunternehmen abgewälzt.

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung von 16. April 2002 allerdings ausdrücklich festgehalten, dass das Haftungsrisiko für Missbrauchsfälle durchaus auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zwischen Vertragsunternehmen und Kreditkartenunternehmen aufgeteilt werden kann, sofern dem Vertragsunternehmen nicht die volle Bürde auferlegt wird. Die EURO Kartensysteme GmbH muss deshalb sehr rasch neue Haftungsverteilungsregeln aufstellen und diese neuen Mailorder-Servicevereinbarungen dann zu Grunde legen. Rein rechtlich steht den Abschluss einer Übergangsvereinbarung, in der sich die Vertragsunternehmen einzelvertraglich und ausdrücklich verpflichten, das gesamte Haftungsrisiko bis zum Abschluss neuer normierter Vereinbarungen - etwa für die Zeit von drei Monaten - alleine zu tragen, nichts entgegen. Auf diese Weise wäre, wenn auch mit dem damit verbundenen Haftungsrisiko, gewährleistet, dass Shop-Betreiber auch über den 30. Juni 2002 hinaus über Kreditkarten mit ihren Kunden abrechnen können. Ob die EURO Kartensysteme GmbH aus verwaltungstechnischen Gründen bereit ist, mit ihren Kunden solche Zusatzvereinbarungen zu treffen, bleibt abzuwarten.

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