Domains hinter Gittern

Daniel S. Raimer, LL.M. / Dezember 2003

schlossWährend Domain-Broker stolz ein stetiges Wachstum bei Domain-Registrierungen und -verkäufen melden, fällt in der anwaltlichen Praxis auf, dass auch die Anzahl der Streitigkeiten um Domainnamen stetig zunimmt. Insbesondere markenrechtliche Auseinandersetzungen liefern heftigen Zündstoff für die Frage, wem eine Internet-Domain nun eigentlich zusteht. In der Praxis bergen solche Auseinandersetzungen eine Fülle von Stolpersteinen, die von Anfang an ein gut geplantes Vorgehen erforderlich machen.

I. Die Ausgangssituation

Nahezu jede Streitigkeit um Domain-Namen beginnt üblicherweise damit, dass ein Unternehmen irgendwann feststellt, dass „sein" Unternehmensname oder ein anderes Kennzeichen, das es glaubt alleine beanspruchen zu dürfen, von einem Dritten als Second-Level-Domain gehalten und möglicherweise zur Adressierung eines eigenen Webauftritts genutzt wird. Die dann ad hoc entworfene Strategie sieht in der Regel wie folgt aus:

  • Gegner anschreiben und auf die eigenen Kennzeichenrechte hinweisen
  • Falls nötig: Kaufangebot unterbreiten
  • Falls nötig: Gang zum Anwalt

Die Idee, den Gang zum Spezialisten (Anwalt) aus Kostengründen zunächst zu meiden, ist zwar durchaus nachvollziehbar. Betroffene Unternehmen sollten sich jedoch bewusst sein, dass sie durch unüberlegte Schritte ihre eigenen Chancen die Domain zu bekommen, erheblich verschlechtern können. Die folgenden Ausführungen sollen betroffenen Inhabern von Marken-, Namens- oder Firmenrechten einen ersten Anhaltspunkt und Leitfaden geben, wie sie durch eigene Bemühungen um „ihre" Domain zumindest keine irreparablen Schäden verursachen.

II. Die Risiken

Risiko 1: Domain wird kurzerhand auf einen Dritten übertragen

Beispiel: Unternehmer U ist Inhaber der Marke »xyz«. Als er feststellt, dass die Internet-Domain »xyz.com« von einem Dritten reserviert wurde und nur zur Adressierung einer Baustellen-Seite verwendet wird, schreibt er den Domaininhaber an, und fordert ihn unter Hinweis auf seine Marke auf, die Domain freizugeben. Als der Domaininhaber sich nicht rührt, stellt er bei einem erneuten Aufruf der Seite fest, dass die Baustellenseite geringfügig modifiziert wurde und nunmehr in englischer Sprache gefasst ist. Ein Blick in den WHOIS-Record offenbart die traurige Wahrheit: die Domain wurde kurzerhand auf einen in Taiwan sitzenden Dritten übertragen.

So mancher blauäugige Versuch den Gegner selbst auf eigene Markenrechte aufmerksam zu machen, hat zur Folge, dass die Domain auf einen unauffindbaren Hirten in der Ukraine überschrieben wird. Zwar sind auch in solchen Fällen Domains nicht zwingend verloren (zumindest in Markenangelegenheiten wirken ICANN-Schiedsverfahren oft Wunder), komplizierter und teurer wird die Angelegenheit aber allemal. Wie hätte U dies verhindern können?

Da Internet-Domains vom heimischen Schreibtisch aus mit einigen wenigen Mausklicks auf einen Dritten übertragen werden können, sollte zunächst - also bevor der Gegner angeschrieben, angerufen oder abgemahnt wird - sichergestellt werden, dass die Domain nicht mehr auf einen Dritten übertragen werden kann.

.de-Domains

Verhältnismäßig einfach ist dies, wenn eine Auseinandersetzung um eine deutsche „.de"-Domain im Raum steht. Unter Hinweis auf einen unmittelbar bevorstehenden Rechtsstreit über eine Domain kann nämlich bei der DENIC die Vornahme eines sog. „Dispute-Eintrags" beantragt werden. Für die Dauer des Verfahrens, jedoch zunächst befristet auf maximal ein Jahr, lässt sich die Domain dann nicht übertragen.

Die mit der Stellung eines solchen Antrags verbundenen Risiken sind eher gering. Allenfalls dann, wenn ein Domaininhaber durch einen ungerechtfertigten Dispute-Eintrag daran gehindert wurde, die Domain gewinnbringend an einen Dritten zu übertragen, können Schadensersatzverpflichtungen entstehen.

.net, .org, .com - Domains

Etwas problematischer gestaltet sich der Schutz von sonstigen, wie etwa .net, .org oder .com-Domains. Zuständig für deren Vergabe ist eben nicht die Denic, sondern eine Vielzahl von Registraren. Für Domainstreitigkeiten sind daher auch nicht die Vergaberichtlinien und Satzungen der Denic maßgeblich, sondern (zumindest theoretisch) eine unüberschaubare Vielzahl von Vorschriften einzelner Registrare, die ein dem Dispute-Eintrag der Denic vergleichbares Institut nicht kennen.

Um solche Domains vor Übertragung während laufender Rechtsstreitigkeiten zu sichern, bietet es sich daher an, bereits vor der ersten Kontaktaufnahme mit der Gegenseite den Erlass einer einstweiligen Verfügung zu beantragen. Sofern einem Gericht glaubhaft gemacht werden kann, dass Ansprüche auf Freigabe der Domain bestehen könnten und dass die Gefahr des Verlustes der Domain durch Übertragung auf einen Dritten zu befürchten ist, sind deutsche Gerichte oft bereit, per einstweiliger Verfügung dem derzeitigen Inhaber eine Weitergabe der Domain zu untersagen. Handelt der Domaininhaber dem zuwider muss er mit empfindlichen Ordnungsgeldern rechnen, die leicht 6-stellige Beträge erreichen können.

Wurde auf den Erlass einer einstweiligen Verfügung verzichtet und eine Domain im laufenden Verfahren übertragen, ist das Kind also erstmal in den Brunnen gefallen, gibt es jedoch oft noch ein Chance die Domain zum ursprünglichen Inhaber zurückzubekommen.

Die für die viele Domains maßgebliche „Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy" (UDRP) enthält zwar, anders als die Satzung der Denic, keine Möglichkeit präventiven Schutzes vor Übertragung. Andererseits verbietet sie jedoch Domain-Inhabern in § 8 a II. die Übertragung von Domains während laufender Gerichtsverfahren. In derselben Vorschrift behalten sich die Registrare das Recht vor, bei Zuwiderhandlungen solche eilig herbeige-führten Inhaberwechsel von Domains nachträglich wieder zu stornieren. Die Durchsetzung solcher Rückübertragungsansprüche gestaltet sich in der Praxis jedoch nicht immer einfach; in der Regel erforderlich ist der Nachweis, dass zum Zeitpunkt der Domainübertragung ein Gerichtsverfahren in Deutschland anhängig war, in dem letztendlich der ursprüngliche Domaininhaber zur Herausgabe verurteilt wurde.

Risiko 2: Domaininhaber ändern die Nutzung der Internet-Domain

Beispiel 2: Unternehmer U hat eine für Klasse 16 (Druckerzeugnisse) eingetragene Marke „xyz". Er stellt fest, dass die Internet-Domain „xyz.de" vom Dritten D reserviert ist und zur Adressierung einer Baustellenseite verwendet wird. Nachdem er D auf seine Markenrechte aufmerksam macht, stellt er fest, dass D die Domain nunmehr zur Adressierung eines Internet-Angebots verwendet, auf dem urinierende Gartenzwerge zur Schau gestellt und zum Verkauf angeboten werden. U versteht nicht, wieso D dies gemacht hat, erhebt Klage, verliert den Prozess und bleibt auf Anwalts- und Gerichtskosten in Höhe von etwa 5.000,00 € sitzen.

Vielen Mandanten ist nicht bewusst, dass Marken keinen absoluten Schutz vor Verwendung des Kennzeichens durch Dritte bieten, sondern vor allem Schutz vor dem Gebrauch des Zeichens für Waren und Dienstleistungen, für die die eigene Marke angemeldet ist. Gegen die Verwendung für ähnliche Waren und Dienstleistungen schützt eine Marke nur beim Bestehen von Verwechslungsgefahr.

Vor der Verwendung eines Begriffs für nicht ähnliche Waren und Dienstleistungen schützen bekannte Marken, und dies auch nur dann wenn durch die Benutzung des Dritten die Unterscheidungskraft der Marke beeinträchtigt wird.

Liegen die oben genannten Kriterien nicht vor, benutzt ein Dritter die Domain also weder zur Adressierung eines Konkurrenzangebotes, noch für ähnliche Waren und Dienstleistungen, so sinken die Erfolgsaussichten einer Klage zumeist deutlich. Chancen, einen späteren Prozess zu gewinnen, bestehen zumeist nur noch dann, wenn nachgewiesen werden kann, dass die Domain böswillig registriert wurde, insbesondere um dem Markeninhaber zu schaden. Auch aus diesem Grund ist dringend zu raten, entweder von vornherein einen Anwalt mit der Angelegenheit zu betreuen, zumindest aber schon vor der ersten Kontaktaufnahme Auszüge aus dem WHOIS-Record und Screenshots von der Website zu fertigen. Zudem sollte sämtlicher Schriftwechsel sorgfältig aufbewahrt werden; auch scheinbar belanglose E-Mails des Gegners können sich später als hilfreich erweisen.

III. Prozessuale Vorgehensweise

In der Praxis hat sich daher in unserer Praxis ein festes Schema herauskristallisiert, das für einen Erfolg versprechenden Rechtsstreit auf Übertragung einer Domain grundsätzlich eingehalten werden sollte:

  • Sammeln von Informationen
  • Sicherung der Domain vor Übertragung
  • Abmahnung der Gegenseite
  • Klageerhebung

Unternehmen, die zunächst ohne anwaltlichen Beistand selber aktiv werden möchten, sollten um den oben genannten Gefahren vorzubeugen, zumindest die ersten beiden Schritte durchführen, bevor sie den Gegner anschreiben und damit vorwarnen.

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