Johannes Behrends / September 2008
Nicht selten versuchen Rechtsschutzversicherungen, sich der Zahlungspflicht gegenüber ihren Versicherungsnehmern zu entziehen. Nun wollen wir den Rechtsschutzversicherungen keine böse Absicht unterstellen. In manchen Fällen wissen die Versicherungsunternehmen nur anscheinend selber nicht, wann sie eigentlich zahlen müssten und wann nicht. In solchen Fällen wird dann lieber gar nicht gezahlt, anstatt sich mit dem Problem tiefgründig auseinander zu setzen.
Die Versicherungsbedingungen der meisten Versicherer basieren auf den »Allgemeinen Bedingungen der Rechtsschutzversicherungen (ARB)«. In diesen Bedingungen ist aufgeführt, welche Rechtsgebiete und Ansprüche von der Versicherung gedeckt sind, und welche nicht. Es kommt aber nicht selten vor, dass Ansprüche aus mehreren Normen entstehen können. Dies gilt insbesondere bei Ansprüchen, die nicht zweifelsfrei einem Rechtsgebiet zugeordnet werden können. Zu solchen Ansprüchen gehören auch Unterlassungsansprüche.
Unterlassungsansprüche sind teilweise gesetzlich normiert (z.B. §§ 12, 862, 1004 BGB, § 15 Abs. 4 MarkenG, § 8 Abs. 1 UWG), teilweise werden sie in entsprechender Anwendung aus anderen Normen (§§ 823, 1004 BGB analog) hergeleitet. Rechtsschutzversicherungen übernehmen in der Regel nicht die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen, die sich direkt aus dem Gesetz ergeben oder aber in entsprechender Anwendung gebildet werden.
Damit ist die Sache für den Versicherer meist auch schon erledigt, und eine Übernahme der Rechtsanwaltskosten erfolgt nicht. Entweder, der Kunde gibt sich mit dieser Antwort zufrieden, oder sein Rechtsanwalt nimmt sich auch dieser Angelegenheit an.
Nehmen wir als Beispiel das Namensrecht aus § 12 BGB. Ein Unterlassungsanspruch, der es einer anderen Person untersagt, unbefugt den gleichen Namen zu gebrauchen, ergibt sich zum einen direkt aus § 12 BGB. Dieser Unterlassungsanspruch wird nicht von der Versicherung übernommen. Ein Anspruch ergibt sich darüber hinaus aus der entsprechenden Anwendung des § 1004 BGB i.V.m. § 823 BGB. Leider wird auch die Geltendmachung dieses Anspruchs nicht gedeckt.
Aber, und das übersehen die meisten Versicherungen - vermutlich weil viele Rechtsanwälte ihn auch übersehen - ein Anspruch kann sich auch aus §§ 249, 823 BGB ergeben, und dieser wird von der Versicherung übernommen. Der Unterschied liegt darin, dass dieser Anspruch kein wirklicher Unterlassungsanspruch ist, sondern vielmehr ein Schadensersatzanspruch. Demnach ist der Zustand herzustellen, der ohne das schädigende Ereignis bestehen würde. Und diesen Zustand erreicht der Schädiger eben auch dadurch, dass er sein schädigendes Verhalten zukünftig unterlässt. Dieser Anspruch wird in der Praxis jedoch selten gewählt, weil er zum einen ein Verschulden des Schädigers voraussetzt, das nicht immer eindeutig nachzuweisen ist, und zum anderen die speziellere Vorschrift des § 12 BGB vorgeht.
Ein weiteres Problem, welches sich in diesem Zusammenhang ergibt, ist die Anspruchskonkurrenz zwischen den einzelnen Unterlassungsansprüchen. Denn in der Regel springt die Versicherung dann nicht ein, wenn auch Ansprüche bestehen, bei deren Geltendmachung sie nicht zahlen müsste.
Die Frage, ob die Rechtsschutzversicherung im genannten Beispielfall nun zahlen muss oder nicht, ist daher umstritten und hängt auch vom Argumentationsvermögen des Rechtsanwalts ab. Eine genaue Überprüfung lohnt sich in vielen Fällen. Wir lassen die Frage gerade vom Landgericht Düsseldorf prüfen.
Es gibt übrigens auch Rechtsschutzversicherungen, die die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen ausdrücklich mit abdecken. Hierzu gehören etwa die ALLRECHT-Rechtsschutzversicherungen der SIGNAL IDUNA (§ 2a der ALLRECHT-ARB 2010). Wer das Risiko von Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet absichern möchte, sollte deshalb seinen Versicherungsmakler hierauf unbedingt ansprechen.