Ideenklau im Internet

Tobias H. Strömer / Januar 2000

schattenWarum selbst Ideen entwickeln, Daten sammeln oder für eigene Popularität sorgen, wenn andere schon vorgearbeitet haben? Diese Denkweise verärgert nicht nur diejenigen, die in teilweise mühevoller Kleinarbeit gearbeitet haben, sondern ist auch rechtlich nicht ganz unproblematisch. Wann darf man beispielsweise ein fremdes Angebot in seinen eigenen Auftritt integrieren? Oder einen oder mehrere Links aus einer Datenbank übernehmen? Oder durch bestimmte Inhalte der Site die Suchmaschinen-Ergebnisse beeinflussen?

Die »Frame-Maker« der anderen Art

Eine beliebte, aber häufig unzulässige Gestaltungsmöglichkeit eigener Webseiten liegt darin, die Webseite in Frames zu unterteilen. Dabei wird die Seite in mehrere Abschnitte eingeteilt, die ihren jeweiligen Inhalt unabhängig voneinander anzeigen können - im Prinzip hat man dann mehrere Web-Sites gleichzeitig auf dem Bildschirm. Beispielsweise mag ein Site-Betreiber auf die Idee kommen, einen Frame mit Banner-Werbung, einen Navigationsframe mit Verweisen auf alle deutschen Informationsanbieter und einen Hauptframe mit den jeweiligen Seiten der Zeitungen etc. aufzubauen. Im Banner-Frame wird dann Werbung geschaltet, deren Erlöse der Betreiber der Site selbst erhält. Der Navigationsframe enthält Verweise zu Seiten der »PC-Online« und anderen Online-Zeitungen. Im Hauptframe werden dann Informationen der Zeitungen angezeigt, ohne dass der Betrachter das merkt.

Auf diese Weise kann der Betreiber Einnahmen erzielen, ohne selbst einen aufwendigen und kostenintensiven Informationsdienst zu unterhalten. Das gefällt dem Informationsanbieter nicht immer und verletzt - je nach Gestaltung der Seiten - seine Rechte. Wer es unterlässt, den User deutlich darauf hinzuweisen, dass fremde Inhalte übernommen werden, oder gar fremde Urheberrechtsvermerke (z.B. »© 1999 Strömer Rechtsanwälte«) abschneidet, der wird wohl die Kunden irreführen und wettbewerbswidrig handeln. Wie immer sind hier die Grenzen natürlich fließend.

Sammlungen - nicht zu einem »guten Zweck«

Ähnliche Problem bestehen bei Links und Linklisten. Grundsätzlich kann niemand verbieten, einen Link auf eine bestimmte Seite zu setzen. Anders sieht es aber aus, wenn der Link als »Referenz« angeboten wird - dabei sollten tunlichst ohne deutliche Kennzeichnung keine Projekte der Konkurrenz eingebunden werden.

Große Unsicherheit besteht auch hinsichtlich der Frage, wer wann wozu welche Linklisten nutzen darf. Grundsätzlich sollte man sich besser davor hüten, große Teile fremder Listen zu übernehmen. Diese Listen können als »Datenbank« angesehen werden, deren Übernahme ohne Einwilligung des Erstellers grundsätzlich unzulässig ist. Wer selbst einmal eine Linkliste zusammengestellt und die Links dazu noch mit einem sinnvollen Kommentar versehen hat, der weiß, wieviel Arbeit durch diese Regelung geschützt wird. In der Praxis ist es dagegen leider schwierig zu beweisen, dass tatsächlich wesentliche Teile der Linkliste übernommen und nicht selbst erstellt wurden.

Bis vor kurzem noch schien allein das Landgericht Köln weniger strenge Voraussetzungen an den Beweis der Übereinstimmungen von Linksammlungen knüpfen zu wollen. Sie wollten schon wenige Links dafür ausreichen lassen, die Übernahme wesentlicher Teile der Datenbank zu begründen. Dies ist umso bedenklicher, als die Kölner Richter schon aufgrund von einigen wenigen übereinstimmenden Links ohne weiteren Beweis des Angreifers annehmen wollen, die gesamte Sammlung sei übernommen. Bislang musste daher die angegriffene Partei darlegen, dass sie - vielleicht bis auf eine verschwindend geringe Anzahl - die ganz überwiegende Mehrheit der Links selbst recherchiert hat. Diesen Beweis zu führen, dürfte äußerst schwierig sein.

Solche Verfahren bereiten außerdem den beteiligten Anwälten Schwierigkeiten, dem Gericht überhaupt klarzumachen, welche Sammlung geschützt werden soll. Verständlicherweise lebt jede Datenbank davon, dass ständig neue Daten hinzugefügt werden. Eigentlich müssten alle diese Daten zu einem bestimmten Zeitpunkt vom Anwalt, Mandanten und letztlich vom Gericht bei der Entscheidungsfindung wiederholbar festgelegt werden. Man stelle sich einmal vor, dass eine Datenbank mit 30.000 Datensätzen, jede Datensatz bestehend aus mindestens drei Informationen (etwa URL, Datum der Aufnahme, Kommentar) ausgedruckt und sowohl Anklageschrift als auch Urteil beigefügt wird. In seiner Verzweiflung hat das Landgericht Köln deshalb einmal in seiner Entscheidung auf eine vom Kläger beigefügte ZIP-Disk Bezug genommen. Was passiert aber, wenn sich bei der Vollstreckung des Urteils herausstellt, dass die Datei nicht oder nicht mehr oder vielleicht noch nie lesbar war? Welche Daten darf dann die unterlegene Partei nicht mehr veröffentlichen? ...

Leider führt die aktuelle Diskussion zu einer großen Verunsicherung aller Linksammler. Schließlich finden sich in den großen Datensammlungen fast gezwungenermaßen identische Links. Diese Gefahr ist immer größer, je spezieller die einzelne Materie ist und je weniger Websites sich mit dem Thema befassen. Jeder Datenbankinhaber sollte daher einmal darüber nachdenken, ob es sich tatsächlich lohnt, den vermeintlichen »Dieb« anzugreifen. Manchmal ist hier nicht der Weg zum Anwalt der Richtige - schließlich kann es ebenso wahrscheinlich sein, dass man am nächsten Tag selbst des Datenklaus bezichtigt wird. Es lohnt sich daher, zuerst freundschaftlichen Kontakt mit der anderen Seite aufzunehmen und auf den Urheberrechtsschutz hinzuweisen - vielleicht lässt sich die Angelegenheit für beide Seiten zufriedenstellend lösen. In Anbetracht der auftretenden tatsächlichen Schwierigkeiten sollte die Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe auf krasse Fälle beschränkt werden, bei denen beispielsweise unter Umgehung von Sicherheitsvorkehrungen systematisch die gesamte Datenbank ausgelesen und verwertet wird.

Trotz allem bleibt die Übernahme wesentlicher Teile einer fremden Linkssammlung ohne Einwilligung verboten. Wer sich nicht daran hält, riskiert zumindest eine anwaltliche Abmahnung nebst der dafür entstandenen Kosten.

Wer gefunden wird, kann geholfen werden

Die Wertigkeit der eigenen Webseite lässt sich auch auf andere Weise beeinflussen. Eine der wichtigsten Fragen für die Planung eines Internet-Auftritts ist deren Präsentation in den Suchmaschinen. Denn - wer in den Suchmaschinen-Ergebnissen schnell gefunden wird, kann viele User auf sein Angebot aufmerksam machen. Da der Eintrag in eine der großen Suchmaschinen völlig kostenlos geschieht, ist jedem damit ein ausgezeichnetes Marketinginstrument in die Hand gegeben.

Selbstverständlich können auch Suchmaschinen-Ergebnisse auf die eine oder andere Art beeinflusst werden. Nicht immer findet sich an einer der ersten Positionen tatsächlich derjenige, der die entsprechende Domain besitzt, das Produkt so nennt oder selbst entsprechend heißt. Obwohl die Suchroutinen der einzelnen Suchmaschinen unterschiedlich sind, können findige Leute mit der richtigen Eingabe an der richtigen Stelle des Quelltextes Seiten nach vorne bringen, die eigentlich unter dem Suchbegriff nichts zu suchen haben.

Sehr beliebt ist dabei die Variante »schwarzer Text auf schwarzem Grund«. Da viele Suchmaschinen den Text einer Webseite auf Relevanz durchsuchen, andererseits interessante Suchbegriffe nicht im Text auftauchen sollen, programmiert man scheinbar leere, schwarze Eingangsseiten, die tatsächlich eine riesige Anzahl von Schlüsselwörtern enthält und lenkt dann automatisch auf die »richtige« Seite um. Ebenso bekannt ist wohl die Aufnahme von Schlagwörtern in den Metatags.

Die Beeinflussung von Suchmaschinen-Ergebnissen ist allerdings ebenfalls nur solange zulässig, wie sie nicht in Rechte Dritter eingreift. Tunlichst sollte daher vermieden werden, den Namen des größten Konkurrenten an allen möglichen und unmöglichen Stellen des eigenen Angebotes ohne jegliche Veranlassung aufzuführen, um etwa bei der Suche nach dem Konkurrenten noch vor diesem in der Linkliste aufzutauchen. Ebenso gefährlich ist es, eine eingetragenen Marke eines anderen ohne dessen Zustimmung etwa in den Metatags zu nutzen, ohne dazu berechtigt zu sein. Eine dann erfolgende Abmahnung erfolgt wahrscheinlich zu Recht. Die dadurch provozierten Kosten sollte man lieber in die Produktion eigener Ideen oder die Anmeldung einer eigenen Marke investieren.

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