AG Düsseldorf, Urt. v. 03.04.13, 47 C 13202/13 - Widerrufsrecht

eigenesache Für den Ausschluss des Widerrufsrechts aufgrund der Anfertigung einer Ware nach Kundenspezifikationen oder des Zuschnitts auf die persönlichen Bedürfnisse gem. § 312d Abs. 4 BGB ist es erforderlich, dass der Verbraucher vor Abgabe seiner Bestellung erkennen kann, dass eine Fertigung nach Kundenspezifikationen oder ein Zuschnitt auf die persönlichen Bedürfnisse vorgenommen wird. Allein der Umstand, dass verschiedene Bezüge und verschiedene Farben und auch die Zusammenstellung einzelner Elemente eines Möbelstücks in bestimmte Richtungen vom Kunden ausgewählt werden können, macht für diesen nicht deutlich erkennbar, dass die einzelnen Elemente nicht zuvor bereits existieren.

 

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AMTSGERICHT DÜSSELDORF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

Aktenzeichen: 47 C 13202/12
Entscheidung vom 3. April 2013 

 
In dem Rechtsstreit

[...]

hat das Amtsgericht Düsseldorf

auf die mündliche Verhandlung vom 07.03.2013 durch den Richter am Amtsgericht Holtmann

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.836,96 EUR nebst Zinsen aus 3.250,00 EUR in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.02.2012 sowie 359,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.02.2012 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist unter der Bezeichnung »[...]« beruflich tätig.

Die Beklagte ist Betreiberin des mit der Domain »[...]« adressierten Online-Shops. In diesem Online-Shop bietet die Beklagte eine Vielzahl von Möbeln und Einrichtungsgegenständen aus dem Out- und lndoorbereich an.

Der Kläger bestellte bei der Beklagten am 18.10.2011 ein Ledersofa mit spiegelverkehrter Ausrichtung und bestimmter Farbauswahl.

Bzgl. des Online-Auftritts der Beklagten, auf dem auch das vom Kläger bestellte Sofa zum Kauf angeboten wurde, wird auf die Anlage B2 Bezug genommen.

Bzgl. der auf dem Online-Auftritt ebenfalls eingestellten Widerrufsbelehrung für Verbraucher wird auf die Anlage B3 Bezug genommen.

Mit E-Mail vom 18.10.2011 bestätigte die Beklagte die Bestellung des Klägers zu einem Gesamtpreis von 2.880,03 EUR. Bzgl. der Einzelheiten der Bestätigungsmail wird auf die Anlage K1 Bezug genommen.

Das bestellte Sofa wurde am 26.01.2012 beim Kläger angeliefert. Mit E-Mail vom 27.01.2012 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten, von seinem Widerrufsrecht als Verbraucher Gebrauch zu machen. Er forderte die Beklagte auf, die Ware bei ihm abzuholen und den bereits bezahlten Kaufpreis in Höhe von 2.880,03 EUR an ihn zu erstatten. Des Weiteren bat er um eine Kündigungsbestätigung zum 30.01.2012.

Mit E-Mail vom gleichen Tag lehnte die Beklagte gegenüber dem Kläger ein Rückgaberecht ab. Dies begründete sie damit, dass es sich bei dem geschlossenen Vertrag um einen Werklieferungsvertrag handele. Es handele sich um eine den Wünschen des Klägers entsprechend hergestellte Ware.

Bzgl. des E-Mail-Verkehrs vom 27.01.2012 wird auf die Anlagen K3 und K4 Bezug genommen.

Der Kläger ließ schließlich das Sofa an den Absendeort der Beklagten zurücksenden. Hierfür stellte das Speditionsunternehmen ihm einen Betrag in Höhe von 445,26 EUR in Rechnung (Anlage K5).

Unter Ablehnung eines Widerrufsrechts des Klägers lehnte die Beklagte die Rücknahme des Sofas ab, so dass der Kläger das Sofa einlagerte. Für die Einlagerung wurde dem Kläger seitens des Logistik-Unternehmens ein Betrag in Höhe von 511,70 EUR in Rechnung gestellt (Anlage K5).

Der Kläger ist der Ansicht, dass ihm ein Widerrufsrecht von dem mit der Beklagten geschlossenen Vertrag zustehe. Insbesondere ist er der Auffassung, dass sein Widerrufsrecht nicht gern. § 312 d Abs. 4 Nr. 1 BGB ausgeschlossen sei. Hierzu behauptet er, dass das gelieferte Ecksofa aus einem Standardprogramm stamme.

Der Klägervertreter forderte die Beklagte mit Schriftsatz vom 31.01.2012 zur Erstattung des Kaufpreises und der bis dahin angelaufenen Speditionskosten, somit zu einem Gesamtbetrag von 3.250,00 EUR, bis zum 06.02.2012 sowie auch zur Erstattung der für das Schreiben vom 31.01.2012 entstandenen Anwaltskosten erfolglos auf.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.836,96 EUR nebst Zinsen aus 3.250,00 EUR in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.02.2012 sowie als Nebenforderung 359,50 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.02.2012 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass ein Widerrufsrecht des Klägers gern. § 312 d Abs. 4 Nr. 1 BGB ausgeschlossen sei.

Dies begründet sie mit der Behauptung, dass es sich bei dem vom Kläger bestellten Sofa um ein Einrichtungsstück aus der Produktreihe »[...]« für individuell gestaltbare Sofas gehandelt habe. Die Sofas dieser Produktlinie würden ausschließlich von der Beklagten vertrieben und auch in deren Auftrag nach Bestellung hergestellt. Die Sofas aus dieser Produktlinie würden in 17 verschiedenen Farben angeboten. Der Kunde habe dabei die Möglichkeit, zwei Farben für die Gestaltung des Sofas zu wählen, so dass insgesamt 289 mögliche Farbkombinationen bestehen würden. Hinzu komme eine Wahlmöglichkeit des Kunden für eine spiegelverkehrte Anordnung. Des Weiteren biete die Beklagte auf Nachfrage auch verschiedene Lederarten an.

Die Beklagte behauptet, dass die Sofas aus dieser Produktlinie nicht aus vorgefertigten Bauteilen zusammengesetzt würden und es bzgL dieser Einrichtungsstücke auch keinen Vorrat gebe. Vielmehr würden die Möbel nach Kundenspezifikation erst aufgrund der Bestellung angefertigt.

Aufgrund der kundenspezifischen Anfertigung sei es ihr auch nicht möglich, ein solches Möbelstück nach Rückgabe anderweitig zu verwenden oder zu verkaufen.

Entscheidunqsqründe:

Die Klage ist begründet.

I.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung des gezahlten Kaufpreises in Höhe von 2.880,00 EUR aus den §§ 346 Abs. 1, 357 Abs. 1, 312 d Abs. 1 BGB.

Aufgrund des Umstandes, dass die Bestellung des Sofas durch den Kläger ausschließlich per Online-Verkehr erfolgte, handelt es sich bei dem zwischen den Parteien zustande gekommenen Vertrag um einen Fernabsatzvertrag i. S. d. § 312 b BGB.

Auch wenn der Kläger beruflich Kaufmanneigenschaft besitzt und ein Gewerbe betreibt, so gehen beide Parteien übereinstimmend davon aus, dass der Kläger das Sofa nicht im Rahmen seiner beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit bestellte, sondern zu privaten Zwecken und somit als Verbraucher i. S. d. § 13 BGB.

Der Kläger hat den Widerruf einen Tag nach der Anlieferung und somit innerhalb der Widerrufsfrist des § 312 d Abs. 2 BGB erklärt.

Nach Auffassung des Gerichts war das Widerrufsrecht des Klägers vorliegend nicht gem. § 312 d Abs. 4 Nr. 1 BGB ausgeschlossen. Selbst bei Zugrundelegung des Beklagtenvortrags, dass das Sofa erst aufgrund der Bestellung des Klägers und der hierbei angegebenen Farb- und Kombinationswünsche des Klägers aus nicht vorrätigen Elementen angefertigt wurde, findet der Ausschlussgrund des § 312 d Abs. 4 Nr. 1 BGB vorliegend keine Anwendung.

Selbst wenn der Unternehmer aufgrund intern geübter Praxis generell in der Weise vorgeht, dass von Kunden bestellte Ware jeweils erst nach der Bestellung des Kunden nach dessen spezifischen Wünschen hergestellt wird, so ist für den Ausschluss des Widerrufsrechts gleichzeitig aber auch erforderlich, dass für den Verbraucher und Kunden erkennbar ist, dass die Ware erst aufgrund der Bestellung allein anhand der Wünsche des Kunden hergestellt wird (vgl. MK/Wendehorst, 6. Aufl., § 312 d, Rdnr. 24; LG Frankfurt, CR 2003, 412).

Vorliegend ist das Gericht aufgrund des als Anlage B2 zur Akte gereichten Internet-Auftritts der Beklagten davon überzeugt, dass für Kunden bei Bestellung der dort angebotenen Einrichtungsgegenstände nicht ersichtlich ist, dass die Warenstücke nicht standardmäßig zum Kauf angeboten werden und nicht aus Einzelstücken, die ohnehin vorrätig sind, zusammengebaut werden.

Aufgrund der Bestellung im Internet über eine für jedermann zugängliche Internet-Plattform kann der Kunde zunächst davon ausgehen, dass sich die Angebote der Beklagten an eine Vielzahl von Interessenten richten. Aufgrund der Artikelbezeichnungen z. B. als »[...]« oder »[...]« wird auch der Eindruck erweckt, dass es sich tatsächlich um eine Standardserie mit bestimmten Standardmodellen handelt.

Allein der Umstand, dass verschiedene Bezüge und verschiedene Farben und auch die Zusammenstellung der Sofaelemente in bestimmte Richtungen vom Kunden ausgewählt werden können, macht für diesen nicht deutlich erkennbar, dass die einzelnen Elemente nicht zuvor bereits existieren. Der Kunde kann zwischen bestimmten Farben und bestimmten Bezügen aus einem abschließenden Katalog wählen. Eine unbeschränkte Auswahl oder die Auswahl eines Bezuges außerhalb der seitens der Beklagten angebotenen Kataloge ist indes nicht möglich. Vom objektiven Empfängerhorizont aus betrachtet bestellt der Kunde daher kein Unikat anhand seiner individuell von sich aus vorgegebenen Kriterien. Vielmehr wählt er in einer Palette der Beklagten gewisse Farben für ein serienmäßig bezeichnetes Möbelstück aus.

Eine Erstattung des Kaufpreises aufgrund des wirksam ausgeübten Widerrufs konnte vorliegend nur in Höhe von 2.880,00 EUR und nicht in Höhe von 2.880,03 EUR zugesprochen werden, da der Klageantrag sich auf den Betrag von 2.880,00 EUR beschränkte.

II.

Darüber hinaus hat der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch aus § 357 Abs. 2 S. 2 BGB auf Erstattung der Rücksendungskosten in Höhe von 445,26 EUR.

III.

Aufgrund des Umstandes, dass die Beklagte die Rücknahme des Sofas entgegen des wirksam ausgeübten Widerrufsrechts ablehnte, hat der Kläger gegen die Beklagte außerdem einen Anspruch aus § 304 BGB auf Erstattung der angefallenen Einlagerungskosten in Höhe von 511,70 EUR.

IV.     

Der Kläger hat außerdem Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 359,50 EUR für die Verfassung des gerichtlichen Mahnschreibens vom 31.01.2012 aus den §§ 280 Abs. 2, 286 BGB.

Vor Beauftragung der Rechtsanwälte forderte der Kläger die Beklagte zunächst persönlich mit E-Mail vom 27.01.2012 zur Erstattung auf.

Die Beklagte lehnte jegliche Ansprüche des Klägers ab.

V.

Der Zinsanspruch beruht auf den §§ 286, 288 Abs. 1 BGB.

VI.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 709 S. 2 ZPO.

Holtmann

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