Instanzen: LG Düsseldorf, Urt. v. 25.09.08, 37 O 85/08; OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.03.09, I-20 U 226/08
Streitwert: 50.000 €
LANDGERICHT DÜSSELDORF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Aktenzeichen: 37 O 85/08
Entscheidung vom 25. September 2008
In dem einstweiligen Verfügungsverfahren
[...]
hat die 7. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 18.09.2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Ollerdißen (§ 349 Abs. 3 ZPO)
für Recht erkannt:
Die einstweilige Verfügung vom 9. Juli 2008 wird aufgehoben und der Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 7. Juli 2008 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Antragsteller darf die Vollstreckung der Antragsgegnerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu Gunsten der Antragsgegnerin aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweiligen Vollstreckungsbetrages leistet.
Tatbestand
Der Antragsteller nimmt die Antragsgegnerin aus Wettbewerbsrecht auf Unterlassung in Anspruch.
Beide Parteien betreiben Partnervermittlungen und bieten ihre Dienste auch über das Internet an.
Am 7. Juni 2008 warb die Antragsgegnerin in der Rheinischen Post mit einer dort geschaltet Anzeige in der es unter Hinweis auf den Internetauftritt der Antragsgegnerin unter anderem heißt:
»Wenn es die Richtige sein soll www.[...].de Düsseldorf freecall 0800/[...]«
Auf der Website der Antragsgegnerin ist unter der Rubrik »Kontakt« eine Deutschlandkarte abgebildet, auf der eine Vielzahl von Großstädten hervorgehoben ist. In dem nebenstehenden Text hieß es:
»Wo Sie uns finden: Klicken sie auf eine Beratungsbüro in ihrer Nähe um die Adresse und Wegbeschreibung anzusehen oder auszudrucken«
Wegen der weiteren Einzelheiten des Internetauftritts wird auf die von dem Antragsteller als Anlage AS 3 überreichte Kopie eines entsprechenden Ausdrucks verwiesen. Unbestritten wurde und wird auf der Internetseite der Antragsgegnerin für Düsseldorf, aber auch für andere Orte, keine Anschrift und keine Wegbeschreibung für dort bestehende »Beratungsbüros« wiedergegeben.
Der Antragsteller behauptet, die Antragsgegnerin unterhalte insbesondere in Düsseldorf kein »Beratungsbüro«, er sieht hierin eine Täuschung der angesprochenen Verkehrskreise im Sinne des § 5 UWG.
Mit einstweiliger Verfügung vom 9. Juli 2008 hat das Gericht der Antragsgegnerin antragsgemäß untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken wie nachstehend wiedergegeben unter Angabe von Städtenamen zu werben und/oder werben zu lassen,
»Wenn es die Richtige sein soll www.[...].de Düsseldorf freecall 0800/[...]«
soweit die Antragsgegnerin in der angegebenen Stadt über keine ihr durchgehend zur Verfügung stehenden Geschäftsräume verfügt; und/oder wie nachstehend wiedergegeben mit den Angaben »Beratungsbüro« und/oder »Wo Sie uns finden« zu werben und/oder werben zu lassen soweit die Antragsgegnerin in den angegebenen Städten über keine ihr durchgehend zur Verfügung stehenden Geschäftsräume verfügt.
Hiergegen hat die Antragsgegnerin Widerspruch erhoben. Der Antragsteller beantragt,
die einstweilige Verfügung aufrechtzuerhalten.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die einstweilige Verfügung aufzuheben und den Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin meint, der Antragsteller habe sein Vorbringen, welches zum Erlass der einstweiligen Verfügung geführt habe, nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Sie vertritt die Auffassung, ein Verfügungsgrund zugunsten des Antragstellers bestehe nicht, da dieser ihre, der Antragsgegnerin, Werbung sowohl in Tageszeitungsanzeigen als auch im Internet bereits seit längerer Zeit kenne.
Darüber hinaus hat sie zunächst schriftsätzlich vorgetragen, sie unterhalte in München, Frankfurt, Stuttgart und Nürnberg Büros, in den anderen angegebenen Städten nicht. In diesen Städten stünden aber vor Ort Berater zur Verfügung. In der mündlichen Verhandlung vom 18. September 2008 hat sie - insbesondere im Hinblick auf die Verhältnisse in Düsseldorf - vorgetragen, sie unterhalte in allen auf ihrer Website angegebenen Städten Beratungsbüros. Sie habe lediglich teilweise davon abgesehen, die Anschriften, insbesondere des Düsseldorfer Büros, auf ihrer Internetseite bekannt zu geben.
Entscheidungsgründe
Der Antrag des Antragstellers erweist sich nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand als unbegründet, so dass die einstweilige Verfügung vom 9. Juli 2008 unter Zurückweisung des Verfügungsantrags aufzuheben ist.
Dem Antragsteller steht ein sicherbarer Verfügungsanspruch nicht zur Seite. Insbesondere besteht ein solcher Anspruch nicht gem. §§ 3, 5 Abs. 2 Nr. 3 UWG.
Die Antragsgegnerin hat durch Vorlage der eidesstattlichen Versicherung des Ge sellschafters [...] vom 18. September 2008 glaubhaft gemacht, dass in allen Städten, bei denen in ihren Internet-Angebot die Adresse eines Beratungsbüros nicht angegeben seien Mitarbeiter ständig für sie tätig seien. In Düsseldorf sei dies eine Frau [...]. Sie betreibe in Düsseldorf ein Büro und wohne auch dort. Melde sich ein Interessent aus dem Raum Düsseldorf bei ihr - der Antragsgegnerin - informiere sie die Zeugin [...], die sich daraufhin mit dem Interessenten in Verbindung setze und ihm anbiete sich mit ihm in Düsseldorf an einem Ort seiner Wahl zu treffen. Dies könne auch in dem Büro in Düsseldorf geschehen. Frau [...] betreue die Kunden telefonisch oder persönlich von ihrem Büro aus und biete auch ein so genanntes »Coaching« an.
Diese Angaben stehen - was das Unterhalten eines »Büros« angeht zwar teilweise im Widerspruch zu dem vorangegangenen schriftsätzlichen Vortrag der Antragsgegnerin. Hierauf kommt es für die Entscheidung jedoch nicht an. Denn schon weil die Existenz vor Ort tätiger Berater - insoweit in Übereinstimmung mit vorangegangenen schriftsätzlichen Vorbringen der Antragsgegnerin - glaubhaft gemacht ist, lässt sich eine wettbewerbsrechtlich relevante (vgl. § 3 UWG) Täuschung der angesprochenen Verkehrskreise durch die Werbeaktivitäten der Antragsgegnerin im Internet nicht bejahen.
Bei der Prüfung, ob die Angaben der Antragsgegnerin irreführend sind, kommt es auf das Verständnis der Verkehrskreise an, an die sich die Werbung richtet (vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 26. Auflage 2008, § 5 UWG, RN 2.67 ff).
Die Ortsangabe Düsseldorf in den Zeitungsanzeigen der Antragsgegnerin und der Hinweis auf »Beratungsbüros« in bestimmten Städten, wird von den angesprochenen Verkehrskreisen in erster Linie dahin verstanden, dass für die Antragsgegnerin Mitarbeiter an den jeweiligen Orten ständig tätig sind und so eine persönliche Betreuung der Kunden vor Ort gewährleistet ist. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass durch den Begriff »Büro« nicht nur eine Sachgesamtheit im Sinne einer Geschäftsstelle oder von Büroräumlichkeiten, sondern auch die Gesamtheit der in einem Unternehmen tätigen Mitarbeiter verstanden wird (vgl. Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 8. Auflage). Zum anderen liegt es auf der Hand, dass die von der Antragsgegnerin angesprochenen Partnersuchenden besonderen Wert auf persönliche Beratung legen, weil sie im Rahmen der Partnervermittlung persönliche Informationen über sich preisgeben und weil die persönliche Beratung - wenn sie seriös durchgeführt wird - ein Element ist, dass die Erfolgsaussichten der Partnersuche steigern kann. Dieses Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise liegt umso näher, als die Antragsgegnerin keine Angaben zur sachlichen Ausstattung und Beschaffenheit der »Beratungsbüros« macht auch wenn die Angabe von Städtenamen in der ganzen Bundesrepublik geeignet, auf die Größe des Unternehmens der Antragsgegnerin hinzuweisen. Auch insoweit ist aber die Beschäftigung vor Ort tätiger Berater, das entscheidende Kriterium und hierüber täuschen die Angaben der Antragsgegnerin nicht. Das der angesprochene Kreis potentieller Kunden, sich darüber hinaus vorstellen mag, die Antragsgegnerin unterhalte eigene Geschäftsräume tritt demgegenüber zurück und lässt die Angaben der Antragsgegnerin jedenfalls nicht als für das Hervorrufen einer insoweit wettbewerbsrechtlich relevante Täuschung geeignet erscheinen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO.
Streitwert: 50.000,00 Euro
Ollerdißen