Der Streitwert für einen Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO ist nicht mit einem Bruchteil eines sich aus der Auskunft möglicherweise ergebenden Schadensersatzanspruchs zu bemessen, sondern eigenständig. Dabei erscheint die Festsetzung auf 5.000,00 € angemessen.
Vorinstanz: LG Köln, 26 O 360/16
Oberlandesgericht Köln
Urteil vom 3. September 2019
Tenor
Die Gegenvorstellung des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 07.08.2019 gegen die mit Beschluss vom 25.07.2019 (Az. 20 W 10/18) erfolgte Streitwertfestsetzung wird zurückgewiesen.
Die Anträge auf Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof sowie auf Vorlage zum Europäischen Gerichtshof werden zurückgewiesen.
Gründe
Die Gegenvorstellung des klägerischen Prozessbevollmächtigten gegen die mit Beschluss vom 25.07.2019 erfolgte Streitwertfestsetzung ist zurückzuweisen.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers meint, der Senat habe den Streitwert für den unter Ziffer 6) verfolgten Auskunftsanspruch nach Art. 15 DS-GVO mit 5.000,00 EUR zu niedrig bemessen. Dieser sei vielmehr mit »zumindest 1/10 der Hauptsache«, also 22.379,57 EUR festzusetzen.
Auch nach erneuter Prüfung und unter Berücksichtigung insbesondere des mit Schriftsatz vom 07.08.2019 erfolgten Vorbringens des Prozessbevollmächtigten des Klägers besteht jedoch kein Anlass zu einer abweichenden Bemessung des Streitwerts.
Mit der Festsetzung des Streitwerts für den Auskunftsanspruch auf 5.000,00 EUR hat der Senat sowohl der Bedeutung des Anspruchs aus Art. 15 DS-GVO und der hierdurch geschützten grundrechtlichen Positionen als auch dem Umstand Rechnung getragen, dass der Auskunftsanspruch im konkreten Fall nach der Vorstellung des Klägers auch einem wirtschaftlichen Ziel dienen, nämlich die Durchsetzung der Anträge zu 1) bis 5) erleichtern soll. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die Ausführungen im Beschluss vom 25.07.2019 Bezug genommen.
Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Streitwert für den Auskunftsanspruch auf 1/10 eines »Hauptsachestreitwerts« festgesetzt sehen möchte und hierzu meint, im geltenden Kostensystem sei ein Auskunftsanspruch stets in Abhängigkeit zum wirtschaftlichen Interesse der Hauptsache zu bewerten und deshalb mit 1/10 zu bemessen, kann dem nicht gefolgt werden. Seiner Natur nach dient der Auskunftsanspruch nach der Datenschutz-Grundverordnung nämlich – wie im Urteil des Senats vom 26.07.2019, Az. 20 U 75/18 ausführlich ausgeführt - nicht speziell dazu, als »Hauptsache« Schadensersatzansprüche »durchsetzbar« zu machen, die mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung unmittelbar nichts zu tun haben. Die Auskünfte, die eine natürliche Person nach Art. 15 DS-GVO fordern kann, dienen vielmehr primär dazu, ihr die Wahrnehmung der weiteren Rechte aus der DS-GVO zu ermöglichen, also insbesondere das Recht auf Berichtigung nach Art. 16, auf Löschung nach Art. 17 und auf Einschränkung der Verarbeitung nach Art. 18. Zwar mag eine Auskunft über personenbezogene Daten auch Erkenntnisse und Indizien hervorbringen, die einen Schadensersatzanspruch nach gänzlich anderen Vorschriften begründen oder zumindest nahelegen können. Dabei handelt es aber nicht um den eigentlichen Zweck der DS-GVO, sondern um einen bloß zufälligen Nebeneffekt.
Die erfolgte Bemessung des Streitwerts für den Auskunftsanspruch auf 5.000,00 EUR steht entgegen der Ansicht des Prozessbevollmächtigten des Klägers auch keineswegs im Widerspruch zu der für das unter dem Aktenzeichen 20 U 75/18 anhängig gemachte selbständige Beweisverfahren erfolgten Festsetzung des Streitwerts auf 223.795,70 EUR. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers verkennt insoweit nämlich, dass das selbständige Beweisverfahren nicht der Durchsetzung des Auskunftsanspruch aus Art. 15 DS-GVO, sondern der Durchsetzung der im Hauptsacheverfahren gestellten Anträge zu 1) bis 5), mit denen Leistungen aus der bei der Beklagten bestehenden Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung beansprucht worden sind, hätte dienen sollen.
Ungeachtet aller sonstigen sich stellenden Fragen kommt eine Zulassung der Rechtsbeschwerde zum BGH nach § 574 Abs. 2 ZPO bereits deshalb nicht in Betracht, weil eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes in Streitwertsachen nach §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG – wie der Prozessbevollmächtigte des Klägers auch selbst erkennt - nicht statthaft ist (vgl. BGH, Beschluss vom 20.12.2011, Az. VIII ZB 59/11– zitiert nach juris).
Eine Vorlage der Frage der Streitwertbemessung für den Auskunftsanspruch zum EuGH nach Art. 267 AEUV kommt ebenfalls nicht in Betracht. Ungeachtet aller sonstigen sich stellenden Fragen wirft die Frage der Streitwertbemessung nämlich keine Zweifel an der Gültigkeit oder Auslegung von Unionsrecht auf. Die Festsetzung des Streitwerts auf einen höheren als den von dem Senat als angemessen erachtete Betrags von 5.000,00 EUR mag die Übernahme von Mandaten, die die Durchsetzung von Art. 15 DS-GVO zum Gegenstand haben, für Rechtsanwälte zwar attraktiver erscheinen lassen. Dass die Festsetzung geringerer Streitwerte – wie der klägerische Prozessbevollmächtigte argumentieren möchte – die Durchsetzbarkeit entsprechender Auskunftsansprüche aber beeinträchtigen oder gar unmöglich machen würde, erscheint aber fernliegend. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers mag sich im Übrigen vor Augen halten, dass mit der Festsetzung höherer Streitwert auch das Kostenrisiko für die Partei steigt.