LG München I, Zwischenurt. v. 26.11.20, 17 HKO 13810/19 - Heilung von Fehlern bei der Zustellung einer Klageschrift

entscheidungen

Der Umstand, dass von der Geschäftsstelle des Gerichtes die von der Klagepartei per beA eingereichten Schriftsätze nicht ordnungsgemäß beglaubigt worden sind, steht einer ordnungsgemäßen Zustellung nicht entgegen, wenn die beklagte Partei die in Rede stehenden Schriftsätze zweifelsfrei erhalten hat. Die Vorschrift des § 189 ZPO ist nach ihrem Wortlaut, dem Bedeutungszusammenhang, ihrem Sinn und Zweck und der Entstehungsgeschichte nach dahingehend auszulegen, dass es sich bei der durch die Geschäftsstelle veranlassten Zustellung einer einfachen statt einer beglaubigten Abschrift der Klageschrift zwar um die Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften handelt, diese allerdings nach § 189 ZPO geheilt werden kann.

Landgericht München I
Zwischenurt. v. 26.11.20, 17 HKO 13810/19

Hinweis: WIr vertreten in der Angelegenheit die beklagte Partei.

Tenor

Die Klage ist zulässig.

Das Landgericht München I ist örtlich zuständig.

Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Tatbestand

Die Klagepartei macht gegen den Beklagten einen Anspruch auf Einwilligung in die Löschung der für den Beklagten eingetragenen deutschen Marke Nummer ... geltend.

Mit der Klageschrift vom 07.10.2019, welche an den Beklagten am 16.11.2019 zugestellt wurde, stützt die Klagepartei diesen Anspruch darauf, dass diese Marke die Rechte aus einer älteren eingetragenen Marke der Klagepartei verletze.

Mit Schriftsatz vom 04.03.2020 stützt die Klagepartei diesen Anspruch hilfsweise auf Verfall der angegriffenen Marke wegen Nichtbenutzung. Dieser Schriftsatz wurde an den anwaltlichen Vertreter des Beklagten am 13.03.2020 zugestellt.

Die Klagepartei trägt vor, die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts München I sei gegeben, weil bei Löschungsklagen die örtliche Zuständigkeit am Sitz des Deutschen Patent— und Markenamts begründet sei.

Bezüglich des vom Beklagten erhobenen Einwands, die Klage sei mangels ordnungsgemäßer Beglaubigung nicht ordnungsgemäß zugestellt worden, trägt die Klagepartei vor, dass es einer Beglaubigung der Klage durch die einreichende Partei nicht bedurft habe, da diese in qualifizierter elektronischer Form signiert und über einen sicheren Ubermittlungsweg eingereicht wurde. Bei der Zustellung der Klage in Papierform habe die Geschäftsstelle die Abschrift selbst zu fertigen und maschinell zu beglaubigen. In welcher Form die Beglaubigung erfolgte, könne seitens der Klagepartei nicht beurteilt werden, es sei auch nicht ersichtlich, ob die Abschrift nicht beglaubigt wurde oder nicht.

Der Beklagte rügt die örtliche Zuständigkeit des Landgerichtes München l. Bei Klagen auf Einwilligung in eine Markenlöschung richte sich die Zuständigkeit nach den allgemeinen Vorschriften der ZPO, also nach dem allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten.

Des Weiteren trägt der Beklagte vor, dass sowohl Klage als auch der Schriftsatz, der den Hilfsantrag beinhaltet, nicht ordnungsgemäß zugestellt worden seien, weil lediglich eine nicht beglaubigte Abschrift der Schriftsätze zugestellt worden sei.

Gründe

l)

Gemäß § 280 ZPO war über die Frage der ordnungsgemäßen Erhebung der Klage und die Frage der örtlichen Zuständigkeit des Landgerichts München I durch Zwischenurteil vorab zu entscheiden. Insoweit ist der Rechtsstreit zur Entscheidung reif.

1)

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist diese, ebenso wie der Schriftsatz vom 04.03.2020 mit dem Hilfsantrag, ordnungsgemäß an den Beklagten zugestellt.

Sowohl die Klageschrift vom 07.10.2019 als auch der Schriftsatz der Klagepartei vom 04.03.2020 wurden an die beklagte Partei ohne Zweifel tatsächlich zugestellt, dies ergibt sich aus der vorliegenden Postzustellungsurkunde zur Zustellung der Klage, wonach die Zustellung am 16.11.2019 erfolgte, sowie aus dem vom Beklagtenvertreter abgegebenen Empfangsbekenntnis, wonach der Schriftsatz vom 04.03.2020 am 13.03.2020 zugestellt wurde.

Der Umstand, dass wie vom Beklagten vorgetragen, von der Geschäftsstelle des Gerichtes die von der Klagepartei per beA eingereichten Schriftsätze nicht ordnungsgemäß beglaubigt worden seien, steht einer ordnungsgemäßen Zustellung nicht entgegen. Denn insoweit liegt jedenfalls Heilung nach § 189 ZPO vor. Die beklagte Partei hat die in Rede stehenden Schriftsätze zweifelsfrei erhalten. Nach § 189 ZPO können Zustellungsfehler geheilt werden. Die Vorschrift des § 189 ZPO ist nach ihrem Wortlaut, dem Bedeutungszusammenhang, ihrem Sinn und Zweck und der Entstehungsgeschichte nach nämlich dahingehend auszulegen, dass es sich bei der durch die Geschäftsstelle veranlassten Zustellung einer einfachen statt einer beglaubigten Abschrift der Klageschrift zwar um die Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften handelt, diese allerdings nach § 189 ZPO geheilt werden kann (vergleiche BGH, Teilversäumnis — und Schlussurteil vom 22.12.2015, Aktenzeichen VI ZR 79/15, NJW 2016, 151 ff, Rdnr. 17).

Da im vorliegenden Falle die beklagte Partei beide in Rede stehenden Schriftsätze erhalten hat, ist somit Heilung eines möglicherweise vorliegenden Zustellungsmangels wegen fehlender Beglaubigung eingetreten nach § 189 Abs. 1 ZPO.

2)

Das Landgericht München I ist zur Entscheidung des Rechtsstreits örtlich zuständig.

Die Klagepartei stützt den geltend gemachten Löschungsantrag in der Hauptsache auf die Verletzung eines älteren Rechtes der Klagepartei. Auf Löschungsklagen wegen älterer Rechte ist § 32 ZPO mit der Maßgabe anwendbar, dass eine örtliche Zuständigkeit am Sitz des Deutschen Patent- und Markenamtes als Handlungsort für eine einen Störungszustand begründende Handlung besteht (vergleiche Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 12. Aufl., Rn. 64 zu § 140).

Hinsichtlich des geltend gemachten Hilfsantrages, gestützt auf Verfall der angegriffenen Marke, kommt wegen des Sachzusammenhangs mit dem Hauptantrag eine Abtrennung des Rechtsstreites nicht in Betracht, sodass auch hinsichtlich des geltend gemachten Hilfsantrages die örtliche Zuständigkeit des Landgerichtes München gegeben ist.

II)

Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

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