EuGH, Urt. v. 02.07.20, C-684/19 - Fahrradsattel

eughDer Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einem Urteil vom 16. Februar 2023 (Rs. C-472/21 – Monz Handelsgesellschaft International) die Auslegung der Erfordernisse der "Sichtbarkeit" und "bestimmungsgemäßen Verwendung" von Bauteilen von komplexen Erzeugnissen gemäß der Design-Richtlinie 98/71/EG klargestellt. Der Fall betraf ein Nichtigkeitsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) bezüglich eines Designs für die Unterseite eines Fahrradsattels.

Der EuGH entschied, dass ein Bauteil eines komplexen Erzeugnisses designrechtlichen Schutz genießt, wenn es während der normalen Verwendung sichtbar bleibt. Dabei ist die "bestimmungsgemäße Verwendung" weit auszulegen und umfasst Handlungen, die bei der hauptsächlichen Verwendung eines komplexen Erzeugnisses vorgenommen werden, sowie Handlungen, die der Endbenutzer üblicherweise während dieser Verwendung durchführt, mit Ausnahme von Instandhaltung, Wartung und Reparatur. Die Beurteilung erfolgt aus der Sicht des Endbenutzers und eines außenstehenden Beobachters.

Der EuGH betonte, dass die Sichtbarkeit nicht nur aus Sicht des Herstellers oder des Endbenutzers zu beurteilen ist. Das Design muss bei einer solchen Verwendung sichtbar bleiben, jedoch ist nicht erforderlich, dass das Bauelement zu jedem Zeitpunkt vollständig sichtbar ist. Die weite Auslegung der "bestimmungsgemäßen Verwendung" erweitert die designrechtlichen Schutzmöglichkeiten von komplexen Erzeugnissen erheblich.

Der konkrete Fall betraf die Unterseite eines Fahrradsattels, für die das DPMA den Schutz bestätigte. Das Bundespatentgericht (BPatG) erklärte das Design jedoch für nichtig. Die Entscheidung des EuGH stärkt den Schutz für komplexe Erzeugnisse und verdeutlicht, dass auch innenliegende Bauteile wie Motoren designrechtlichen Schutz genießen können. Die Berücksichtigung der Sicht eines außenstehenden Beobachters verstärkt diesen Schutz zusätzlich.

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