LG Düsseldorf, Urt. v. 30.12.10, 34 O 178/10 - Armaturen

eigenesache Der Verfügungsgrund im Markensachen fällt wegen Selbstwiderlegung weg, wenn der Antragsteller nach Eintritt der Gefährdung bis zur Einreichung des Verfügungsantrags zwölf oder mehr Monate abwartet. Für die geltungserhaltende Benutzung einer Marke im Sinne des § 26 MarkenG reicht eine firmenmäßige Verwendung aus.

Streitwert: 25.000 €

nrw

LANDGERICHT DÜSSELDORF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

Entscheidung vom 30. Dezember 2010
Aktenzeichen: 34 O 178/10

 

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren

[...]

hat die 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 15.12.2010 durch die vorsitzende Richterin am Landgericht Dr. Stöve für Recht. erkannt:

Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 27.09.2010 wird unter Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrags aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Verfügungsklägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Verfügungsklägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Verfügungsbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


Tatbestand

Die Verfügungsklägerin vertreibt über ihre Website »www.[...].eu« Badezimmereinrichtungen, insbesondere Waschbecken, Duschen, Armaturen und andere Sanitärprodukte. Sie ist auf Grund einer ausschließlichen Lizenz zur Nutzung der deutschen Wort-/Bildmarke »[...]« (Registernummer [...]), welche vom Geschäftsführer der Komplementärin der Verfügungsklägerin, Herrn [...], am 23.11.2005 angemeldet und seitens des DPMA am 26.01.2006 für die Klassen 11, 20 und 21 (u.a. für Duschen und Armaturen) eingetragen wurde, berechtigt.

Der Verfügungsbeklagte war Gesellschafter der am 09.11.2000 in das beim Amtsgericht Bochum geführte Handelsregister (HRB [...]) eingetragenen [...] Schwimmbad & Saunaworld GmbH, welche inzwischen liquidiert worden ist. Gegenstand des Unternehmens war seit dem Jahre 2001 nicht nur der An- und Verkauf und die Montage von Artikeln im Schwimmbad-, Sauna- und Wellnessbereich, sondern auch der Groß- und Einzelhandel von Sanitär und Heizungsartikeln. Die [...] Schwimmbad & Saunaworld GmbH veräußerte unter anderem auch Dampfduschkabinen nebst zugehörigen Armaturen. Seit Liquidation der [...] Schwimmbad & Saunaworld GmbH, war der Verfügungsbeklagte unter seiner Firma [...] Wellness, Inhaber [...], die u.a. die Domain »www.[...].de« benutzt, weiterhin auf dem Gebiet des An- und Verkaufs von Badezimmer- und Sanitärprodukten tätig.

Der Verfügungsbeklagte ist seit 1999 Inhaber der am 29.04.1996 angemeldeten und am 07.10.1996 für die Klassen 6, 11 und 28 (u.a. für Saunaanlagen und Schwimmbecken) eingetragenen deutschen Wortmarke »AQUARIS« (Registernummer [...]). Zuvor war die [...] Regal-Sauna-Solartechnik GmbH, bei der der Verfügungsbeklagte Geschäftsführer gewesen ist, Inhaberin der Wortmarke. Nach Übertragung der Wortmarke hatte der Verfügungsbeklagte zunächst der [...] Schwimmbad & Saunaworld GmbH und später der [...] Wellness, Inhaber [...] eine unentgeltliche Lizenz zur Nutzung dieser Wortmarke erteilt.

Im Frühjahr des Jahres 2008 kam es zwischen den Parteien zu einem Schriftwechsel nebst anschließendem Telefongespräch bezüglich einer eventuell bestehenden Kollision der Wortmarke des Verfügungsbeklagten (»[...]«) und der zu Gunsten der Verfügungsklägerin lizensierten Wort-Bildmarke »[...]. Eine zunächst beabsichtigte Abgrenzungsvereinbarung konnte in Folge aber nicht erzielt werden.

Die Verfügungsklägerin behauptet, dass die Wortmarke des Verfügungsbeklagten nicht rechtserhaltend benutzt worden sei. Auch habe die Verfügungsklägerin erst Anfang September 2010 davon erfahren, dass der Verfügungsbeklagte Armaturen und Duschen, teilweise unter der Bezeichnung »[...], auf der Website »www.[...].de« anbiete. Sie bestreitet mit Nichtwissen, dass die [...] Schwimmbad & Saunaworld GmbH vor dem 23.11.2005 Duschen, Armaturen und etwaige Badezimmerartikel verkauft habe.

Auf Antrag der Verfügungsklägerin ist dem Verfügungsbeklagten im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss vom 27.09.2010 unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten worden, das Zeichen »[...]« im geschäftlichen Verkehr zur Bezeichnung von Badezimmereinrichtungen, insbesondere Waschbecken, Duschwannen, Badewannen, Armaturen, Push-Open, Dampfduschen und Paneele zu verwenden.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Widerspruch des Verfügungsbeklagten vom 12.10.2010.

Der Verfügungsbeklagte beantragt,

1. unter Aufhebung der einstweiligen Verfügung vom 27.09.2010 den Antrag der Antragstellerin vom 23.09.2010 zurückzuweisen.

2. der Antragstellerin die Kosten den einstweiligen Verfügungsverfahren aufzuerlegen.

Die Verfügungsklägerin beantragt,

die einstweilige Verfügung vom 27. September 2010 aufrecht zu erhalten.

Der Verfügungsbeklagte behauptet, dass die Wortmarke »[...] zunächst durch die [...] Sauna-Solartechnik GmbH und später durch die [...] Schwimmbad & Saunaworld GmbH und die Firma [...] Wellness, Inhaber [...] durchgängig benutzt worden sei. Sowohl die [...] Schwimmbad & Saunaworld GmbH, als auch die Firma [...] Wellness, Inhaber [...] hätten über den gesamten Zeitraum auch Badezimmerartikel, wie Duschen, Waschbecken und dazugehörige Armaturen - u.a. von der Firma [...] und der [...] - vertrieben. Er behauptet weiterhin, dass sein Gesprächspartner auf Seiten der Verfügungsklägerin, Herr [...], spätestens seit den Kontakten im Frühjahr 2008 Kenntnis davon gehabt habe, dass der Verfügungsbeklagte mit seiner Firma auch solche Badezimmerartikel verkaufe. Der Verfügungsbeklagte ist der Ansicht, dass er sich auf Grund seiner eigenen Wortmarke [...] auf ein älteres Recht berufen kann, auch wenn diese nicht ausdrücklich auch für Armaturen angemeldet sei.

Hinsichtlich aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.sr

Entscheidungsgründe

Auf den Widerspruch des Verfügungsbeklagten wird der Beschluss vom 27.09.2010 aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung kann keinen Erfolg haben, da er unbegründet ist.

Es fehlt sowohl am Verfügungsgrund, wie auch am Verfügungsanspruch.

Die Verfügungsklägerin hatte zunächst zur Glaubhaftmachung des Verfügungsgrundes i.S.v. §§ 935, 940 ZPO eine eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers ihrer Komplementärin, Herrn [...], vom 21.09.2010 vorgelegt, in der dieser versicherte, dass er erst am 08.09.2010 darauf aufmerksam wurde, dass der Verfügungsbeklagte auch Duschen und Armaturen auf dessen Website »www.[...].de« vertreibe. Tatsächlich war es bereits im Frühjahr 2008 zu Kontakten zwischen ihr und dem Verfügungsbeklagten gekommen. Der Verfügungsgrund fehlt wegen Selbstwiderlegung, wenn der Antragsteller einer einstweiligen Verfügung nach Eintritt der Gefährdung lange Zeit mit einem Antrag zuwartet (KG NJW-RR 2001, 1201, 1202). Wie lange der Antragsteller zuwarten darf, hängt im Einzelfall auch von der Art des Anspruchs ab, jedoch soll das Zuwarten von 12 oder mehr Monaten jedenfalls für die Selbstwiderlegung ausreichen (OLG Düsseldorf NJW-RR 2000, 825, 826; OLG Hamburg NJW-RR 2002, 550, 550). Die Verfügungsklägerin nicht glaubhaft gemacht, dass sie trotz der Kontakte im Frühjahr 2008 erst im September 2010 Kenntnis davon erlangt hat, dass der Verfügungsbeklagte unter seiner Firma auch Duschen, Armaturen und ähnliche Badezimmerartikel vertreibt. Die Gespräche im Frühjahr 2008 hatten u.a. auch den Abschluss einer Abgrenzungsvereinbarung zum Inhalt, welche letztlich aber nicht zu Stande gekommen ist. Es ist nicht glaubhaft, dass die Verfügungsklägerin zwar die Wortmarke, aber nicht auch das Produktportfolio des Verfügungsbeklagten zu diesem Zeitpunkt gekannt haben will. Die Verfügungsklägerin hat nach Kenntniserlangung vom Produktportfolio der Firma des Verfügungsbeklagten spätestens im Frühjahr 2008 fast zweieinhalb Jahre gewartet, bis sie im September 2010 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt hat. Die zulässige Wartefrist zur Antragstellung von bis zu 12 Monaten ist seitens der Verfügungsklägerin deutlich überschritten worden.

Es besteht auch kein Verfügungsanspruch der Verfügungsklägerin gegen den Verfügungsbeklagten bezüglich des Verbots der Verwendung des Zeichens »[...]« im geschäftlichen Verkehr. Die Verfügungsklägerin hat insbesondere keine Ansprüche aus §§ 14, 15 MarkenG gegen den Verfügungsbeklagten.

Zwar verfügt die Verfügungsklägerin über ein ausschließliches Nutzungsrecht an der Wort-/Bildmarke »[...] (Registernummer [...]), jedoch kann sich der Verfügungsbeklagte mit seiner Wortmarke »[...] (Registernummer [...]) auf ein älteres Recht berufen. Die Wortmarke des Verfügungsbeklagten wurde bereits im Jahre 1996 vom DPMA eingetragen, so dass sie einen älteren Zeitrang aufweist, als die 2005 angemeldete und 2006 eingetragene Wort-/Bildmarke »[...], auf die die Verfügungsklägerin ihre Ansprüche stützt. Die beiden Marken sind bezüglich des Wortes »[...]« identisch, so dass die Verfügungsklägerin auf Grund des im Markenrecht geltenden Prioritätsprinzips, keine Ansprüche gegen den Verfügungsbeklagten geltend machen kann (Ingerl/Rohnke, Kommentar zum MarkenG, 3. Auflage 2010, § 6, RdNr. 1ff. und § 14, RdNr. 31ff.).

Die Verfügungsklägerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass die Wortmarke des Verfügungsbeklagten mangels Benutzung i.S.v. § 26 MarkenG verfallen ist. Die Wortmarke des Verfügungsbeklagten wurde nach ihrer Eintragung zunächst von der ursprünglichen Markeninhaberin, der [...] Regal-Sauna-Solartechnik GmbH, und - nach Übertragung auf den Verfügungsbeklagten - durch die [...] Schwimmbad & Saunaworld GmbH und später durch die Firma [...] Wellness, Inhaber [...] im Rahmen des An- und Verkaufs von Badezimmerprodukten, insbesondere auch für Waschtische und Duschen nebst Armaturen, verwendet. Aus einer Preisliste der [...] Schwimmbad & Saunaworld GmbH (Anlage B 4), welche ab dem 01.01.2003 gültig gewesen ist, ist ersichtlich, dass die [...] Schwimmbad & Saunaworld GmbH auch Duschkabinen der Marke [...] angeboten hat. Zur Serienausstattung dieser Duschkabinen gehörten neben der eigentlichen Kabine auch die Armaturen in Form eines Einhebelmischers und einer höhenverstellbaren Handbrause.

Die Wortmarke des Verfügungsbeklagten ist zwar - anders als die Wort-/Bildmarke der Verfügungsklägerin - nicht ausdrücklich auch für die Waren Waschbecken, Duschen, Badewannen und Armaturen eingetragen worden, jedoch ergibt sich die Einbeziehung auch dieser Produkte in den Schutzbereich der Marke bereits daraus, dass die Wortmarke des Verfügungsbeklagten u.a. für Saunaanlagen und Schwimmbecken eingetragen ist. Im Rahmen der Verwendung von Oberbegriffen, zu denen auch die Begriffe Saunaanlage und Schwimmbecken gehören, sind auch alle darunter fallende Produkte mit zu berücksichtigen (BGH GRUR 2008, 909, 909f. - Pantogast; BGH GRUR 2008, 903, 903 - SIERRA ANTIGUO; BGH GRUR 2005, 326, 326f. - il Padrone/II Portone; BGH GRUR 1998, 924, 925 - salvent/Salventerol). Zu einer Saunaanlage gehört jedenfalls eine entsprechende Dusche nebst (wasserführenden) Armaturen. Zu einem Schwimmbecken gehören nicht nur das eigentliche Becken, sondern auch alle Ab- und Zuflüsse für das Wasser.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 6, 711.

Dr. Stöve

 

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