entscheidungen

Wehrt sich ein Rechtsanwalt gegen eine unerwünschte Werbe-E-Mail, ist sein Unterlassungsinteresse mit 1.500,00 € zu bewerten.

Streitwert: 1.500,00 €.

Wir waren an dem Verfahren als Prozessbevollmächtigte des Klägers beteiligt. 

Amtsgericht Düsseldorf
Beschluss vom 30. Juli 2020, 46 C 414/19

Tenor

In dem Rechtsstreit

[...]

hat das Amtsgericht Düsseldorf am 30.07.2020 durch die Richterin am Amtsgericht Geiser

beschlossen:

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt (§ 91a ZPO).

Der Streitwert wird auf 1.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Parteien haben den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.

Gemäß § 91a ZPO konnte demnach durch Beschluss, der keiner mündlichen Verhandlung bedarf, über die Kosten des Verfahrens entschieden werden.

Nach dem bisherigen Vorbringen der Parteien bestehen an der ursprünglichen Berechtigung der Klageforderung in der Hauptsache keine Bedenken. Es war daher davon auszugehen, dass die beklagte Partei im Wesentlichen unterlegen wäre.

Der Kläger kann von dem Beklagten die Unterlassung der Versendung von Emails mit Werbeinhalten gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB verlangen. Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme durch schriftliche Vernehmung der Zeugen [...] und [...] sowie durch Vorlage der DENIC-Auskunft steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der EMail-Account info@[...].de ein Email -Account des Klägers ist, der von der Kanzlei des Klägers geschäftlich genutzt wird. Dem steht nicht entgegen, dass auf dem Briefkopf des Klägers eine andere Email-Adresse mitgeteilt wird, denn der Kläger muss nicht alle vorhandenen und geschäftliche genutzten Email-Adressen auf dem Briefkopf angeben. Dabei ist der Kläger für die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs auch (allein) aktivlegitimiert, denn ausweislich des Briefkopfs ist der weitere in der Kanzlei tätige Rechtsanwalt dort angestellt.

Der .Eingriff des Beklagten in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers erfolgte auch zielgerichtet. Für die Zielgerichtetheit ist es nicht erforderlich, dass der Beklagte mit der Absicht handelte, den gewerblichen E-Mail Anschluss des Klägers zu blockieren. Vielmehr reicht es, dass er bewusst die E-Mail-Adresse des Klägers eingegeben hat, dieser mithin tatsächlicher Adressat der E-Mail sein sollte (LG Berlin, Urteil vom 13.10.1998, 16 0 320/98). Der Einwand des Beklagten, die Eigenschaft des Klägers als Rechtsanwalt ließe sich aus der E-Mail Anschrift nicht erkennen, trägt daher nicht. Dem Beklagten als Versender von Werbemails oblag es sich zu vergewissern, an wen er seine Nachrichten versendet. Dabei wusste der Beklagte sogar, dass es sich bei den gekauften Adressen um Geschäftsmailadressen handelte, denn dies ergibt sich aus den zur Akte gereichten Werbeunterlagen von Branchenflat.de Bl. 29f. d.A., von wo der Beklagte die Anschrift seiner Darstellung nach bezogen hat.

Der Eingriff in den ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers war auch rechtswidrig. Die Behauptung des Beklagten, der Kläger habe gegenüber dem Unternehmen Branchenflat.de dem Erhalt von Werbemails zugestimmt, ist in jeglicher Hinsicht unsubstantiiert. Zudem hat der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte keinen zulässigen Beweis angeboten, so dass auch bei streitiger Fortführung des Rechtsstreits insoweit keine Beweisaufnahme durchgeführt worden wäre. Das Grundrecht der Kunstfreiheit steht der Bewertung des Eingriffs als rechtswidrig gleichfalls nicht entgegen. Der Beklagte verfügt über genügend andere Möglichkeiten, seine Informationen an potentielle Kunden zu bringen. Sein berechtigtes Interesse, seine Veranstaltungen werbemäßig anzupreisen erfordert es jedenfalls nicht, mit der Werbung in den geschützten Bereich des Klägers einzudringen. Dies gilt umso mehr, als der Beklagte nicht von einem Informationsinteresse des Klägers ausgehen konnte, zumal kein thematischer Zusammenhang zu dessen geschäftsmäßiger Tätigkeit ersichtlich war.

Die für den Unterlassungsanspruch außerdem erforderliche Wiederholungsgefahr wird durch die vorangegangene rechtswidrige Beeinträchtigung des Klägers indiziert. An die Widerlegung dieser Gefahr durch den Störer sind dabei hohe Anforderungen zu stellen, so dass eine Unterlassungserklärung ohne Strafbewehrung die Wiederholungsgefahr nicht ausgeräumt. Das in der Email vom 16.08.2019 abgegebene bloße Versprechen (Bl. 44 der Akte) des Beklagten, zukünftig keine Werbemails mehr an den Kläger zu verschicken, reicht demnach nicht. Auch die Tatsache, dass der Beklagte die Adresse des Klägers aus dem Werbeverteiler gelöscht hat, vermag die Vermutung der Wiederholungsgefahr nicht zu widerlegen, denn dadurch ist nicht ausgeschlossen, dass die Adresse des Klägers erneut in den Verteiler aufgenommen wird. Auch soweit der Beklagte sich darauf beruft, die Abmahnung des Klägers sei deswegen unzulässig gewesen, weil diese mit einem verschuldensunabhängigen Vertragsstrafeversprechen übermittelt worden sei, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn ausweislich der eigenen Email des Beklagten vom 16.08.2019 hat der Beklagte sogar gegenüber dem Kläger das Fehlen einer Unterlassungserklärung gerügt. Er trägt mithin im Rechtsstreit falsch vor, wenn er nun behauptet, er hätte eine verschuldensunabhängige vorformulierte Unterlassungserklärung unterzeichnen sollen.

Der Streitwert war auf 1500,00 € festzusetzen. Dies entspricht gemäß § 3 ZPO dem geschätzten Interesse des Klägers an der begehrten Unterlassung. Zwar stellt das einmaligeZusenden einer Werbeemail eine verhältnismäßig geringfügige Belastung dar. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass den Kläger als Rechtsanwalt besondere Sorgfaltspflichten im Umgang mit eingehenden Emails treffen, da er sich ansonsten einem erheblichen Haftungsrisiko ausgesetzt. Dies führt auch im Falle einer einmaligen Zusendung wegen des Zeitaufwands für das Durchsehen der Eingänge und der Gefahr des Überschreitens der Speicherkapazität mit der Folge des etwaigen Verlustes wichtiger Emaileingänge dazu, dass der Streitwert nicht auf den geringstmöglichen Wert festzusetzen ist.

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