Sind Werbetexte geschützt?

Charlotte Trautwein / November 2009

werbungEin einprägsamer Werbetext auf der eigenen Homepage ist viel wert - manchmal auch für den Konkurrenten. Häufig werden Werbetexte aus dem Internet kopiert und vom Konkurrenten oder von Nachahmern einfach übernommen oder geringfügig geändert. Ist das nicht verboten? Die Frage ist überraschenderweise gar nicht so einfach zu beantworten. Auch wenn das Gerechtigkeitsempfinden des Laien hier eindeutig scheint - die Rechtsprechung ist es nicht immer.

Natürlich denkt man bei Texten gleich an das Urheberrecht. Das Urhebergesetz (UrhG) schützt den Urheber in Bezug auf seine Werke. Urheberrechtlich schutzfähig ist ein Werbetext, wenn er eine persönliche, geistige Schöpfung darstellt, § 2 Abs. 2 UrhG. In Betracht kommt der Schutz eines Webetexts als Sprachwerk. Das erfordert, dass eine geistige Leistung in dem Werk erkennbar ist und dass sein geistiger Gehalt durch das Mittel der Sprache ausgedrückt wird. Ein Werbeslogan kann nur schutzwürdig sein, wenn er über die üblichen Anpreisungen und den in der Werbung benutzen Imperativ hinausgeht. Den Text »Ein Himmelbett als Handgepäck« als Werbung für Schlafsäcke beurteilte das Oberlandesgericht Düsseldorf wegen der bildhaften und fantasievollen Sprache als urheberrechtlich schutzfähig. Dagegen fehlt den Gerichten die geistige Schöpfung bei Werbeslogans wie »Das aufregendste Ereignis des Jahres« (Oberlandesgericht Frankfurt) oder »Hier ist DEA - hier tanken Sie auf« (Oberlandesgericht Hamburg).

Eine gewisse Erleichterung für die Schutzfähigkeit von längeren Werbetexten ergibt sich aus dem Grundsatz der so genannten »kleinen Münze«. Voraussetzung für Urheberrechtsschutz ist grundsätzlich, dass das Werk eine gewisse Schöpfungshöhe erreicht. Sie bezeichnet das Maß an Individualität, die ein Werk besitzt. Die »kleine Münze« ist die unterste Stufe der Schutzfähigkeit. Schutzfähigkeit tritt dann schon ein, wenn auch nur ein schwacher Grad an schöpferischer, individueller und geistiger Qualität erreicht wird. Bei Sprachwerken - und darunter fallen Werbetexte - ist die »kleine Münze« mit einem bescheidenen Maß an geistiger Tätigkeit erreicht. Dazu muss der Text jedoch trotzdem das »Alltägliche« überragen und über das handwerklich Übliche hinausgehen.

Im Urheberrecht werden fallen Entscheidungen jeweils für den individuellen Einzelfall. Darin liegt wiederum die Schwierigkeit, die Erfolgsaussichten von Klagen einzuschätzen. Die Gerichte beurteilen die Schöpfungshöhe und ihre Voraussetzungen nämlich durchaus sehr unterschiedlich. Urheberrechtlicher Schutz und die erforderliche Schöpfungshöhe sind für einen Werbetext ohnehin schwierig zu begründen. Oft wird es Werbetexten an der Originalität fehlen, da Werbetexte Leistungen in zumeist gewöhnlicher Form beschreiben und sich die beschriebenen Tätigkeiten häufig sowieso aus der Natur der Sache ergeben. Um Originalität zu erreichen muss schon »das gewisse Etwas« hinzukommen. Wie unterschiedlich Gerichte entscheiden und welche Maßstäbe sie zugrunde legen zeigen einige Beispiele:

Das Landgericht Berlin (Urt. v. 26.01.06, 16 O 534/05) nahm die Schutzfähigkeit eines Werbetextes an, vorausgesetzt die Gesamtheit der textlichen Darstellung – hier – eines Dienstleistungsangebots im Internet lässt eine individuelle schöpferische Tätigkeit erkennen. In dem konkreten Fall hatte ein Konkurrent Werbetexte unter Beibehaltung Ihrer Struktur und Anordnung von seinem Mitbewerber übernommen. Geändert wurden nur die Überschriften, die von zwei Schlagwörtern auf ein Schlagwort verkürzt wurden. Eine Verletzung wurde in diesem Fall bejaht. Ein urheberrechtlich geschütztes Werk soll sich nach Ansicht der Berliner Richter aus der »Masse des Alltäglichen« abheben und sich von einer routinemäßigen und handwerklichen Tätigkeit unterscheiden. Die schöpferische Eigenart kann sowohl in der Sammlung, Auswahl, Einteilung und Anordnung des Stoffes zum Ausdruck kommen, sowie in Berliner Urteil wurde die Schöpfungshöhe aufgrund des besonderen Aufbau des Textes und des sprachlichen Ausdrucks angenommen. Der Aufbau hatte nach Ansicht der Richter eine betont deutliche Untergliederung, die nicht notwendig in der Natur der Sache lag, sondern die individuelle Nutzung des vorhandenen Gestaltungsspielraums bei dem Verfassen von Texten zeigte. Die Texte zeigten eine Schöpfungshöhe, weil sie in ihrer Kürze, Klarheit und der verständlichen Form das erforderliche Maß an Individualität zeigten. Dazu kam nach Ansicht des Gerichts noch die besondere Ansprache des Kunden durch direkte Fragestellungen. Der Verletzungshandlung stand in diesem Fall auch nicht entgegen, dass der Konkurrent einige Zeilen geringfügig umformuliert hatte. Da gerade die schutzbegründenden Elemente  unverändert übernommen wurden, konnte sich der Konkurrent mit Hilfe der leichten Umformulierungen auch nicht aus der Sache herauswinden. Es kam zu einer Verurteilung des »Raubkopierers«.

Das Landgericht Köln (Urt. v. 12.08.2009, 28 O 396/09) befand den Werbetext auf der Internetseite eines DJ’s aufgrund der »pfiffigen Prägung« und dem besonderen Zuschnitt auf Suchmaschinen für urheberrechtlich schutzfähig und bestätigte die einstweilige Verfügung, die gegen den Konkurrenten, der den Text für seine eigene DJ-Seite kopiert hatte, erlassen worden war.

Strenger nahmen es in einem ähnlichen Fall jedoch das Landgericht Düsseldorf (Beschl. v. 12.09.07, 12 O 473/07) und das Oberlandesgericht Düsseldorf (Beschl. v. 15.11.07, I-20 W 153/07). Bei dem Werbetext einer Krankenpflegevermittlungsagentur, der besonders einfühlsam auf die Probleme der Gesellschaft und der Menschen einging und die Kunden in emotionaler Weise ansprach, wurde die Schutzfähigkeit mangels Schöpfungshöhe abgelehnt, da sich die Beschreibungen nach Ansicht der Richter aus der Natur der Sache ergäben und »reines Handwerk« seien.

Hingegen kann die Gestaltung eines Werbetextes für das Internet mit dem Ziel, dass die Internetseite von Suchmaschinen besser aufgefunden wird (suchmaschinenoptimierter Text), eine schöpferische Leistung darstellen und der suchmaschinenoptimierte Text damit urhheberrechtlich schutzfähig sein. Da die Suchparameter von Suchmaschinen nicht offengelegt und regelmäßig verändert werden, kann es eine schöpferische Leistung bedeuten, die entsprechenden Schlagwörter zu finden und in den Werbetext einzubauen, welchen die Suchmaschine dann besser aufspüren wird.

Das Oberlandesgericht Rostock hat 2007 (Beschl. v. 27.06.07, 2 W 12/07) entschieden, dass die Auswahl, Einteilung und Anordnung der Suchbegriffe im Werbetext eine individuelle schöpferische Leistung zeigen kann. Die Gestaltungshöhe zeige sich darin, dass sie das durchschnittliche Schaffen eines Webdesigners, das lediglich in handwerksmäßigem und mechanisch-technischem Zusammenfügen des Materials besteht, durch das Erreichen der guten Suchergebnisse deutlich übersteigt. Dadurch werde eine individuelle Prägung des Werbetextes geschaffen und die Internetseite hebt sich so von den Seiten anderer Anbieter ab.  

Schutzfähigkeit des Internetauftritts nach Wettbewerbsrecht ?

Vor Gericht kann jedoch nicht nur die urheberrechtliche Schutzfähigkeit des Textes dargelegt werden, wenn es zu unberechtigten Kopien kommt. Es kann auch darauf abgestellt werden, dass die Internetseite insgesamt eine wettbewerbliche Eigenart besitzt, die den Betreiber kennzeichnet und von einem Wettbewerber nachgeahmt wird.

Unter dem Aspekt der Nachahmung kann im Hinblick auf einen Werbetext Schutz nach dem Wettbewerbsrecht bestehen (§ 8 Abs. 1 UWG i.V.m. §§ 3, 4 Abs. 1 Nr. 9 UWG). Voraussetzung für den Schutz durch das Wettbewerbsrecht ist zunächst, dass die streitenden Parteien Wettbewerber sind – was regelmäßig der Fall sein dürfte, da die Werbetexte ja sonst für den »Raubkopierer« nicht interessant sind.

Das Landgericht Köln hatte 2007 (Urt. v. 20.06.07, 28 O 798/04), über die wettbewerbliche Eigenart einer Internetseite in ihrer konkreten Gestaltungsform zu entscheiden. Dabei ging es nicht alleine um den Werbetext, sondern um den gesamten Internetauftritt, der aus Text, Seitenlayout und Werbebannern bestand. Die Internetseite der Klägerin wurde wesentlich geprägt durch die Kombination der Farben Blau und Orange. Diese wesentlichen Elemente wurden von der Beklagten übernommen, die auch noch dieselben Produkte anbot. Eine wettbewerbliche Eigenart setzt ein Erzeugnis voraus, dessen konkrete Ausgestaltung oder dessen bestimmte einzelne Merkmale geeignet sind, die angesprochenen Verkehrskreise auf die betriebliche Herkunft oder auf Besonderheiten hinzuweisen. Der Herkunftshinweis oder die Besonderheiten fehlen bei solchen Merkmalen, die allgemein üblich sind oder von Mitbewerbern in gleicher oder ähnlicher Form oder Funktion verwendet werden und deshalb eher »Allerweltserzeugnisse« oder »Dutzendware« sind. In dem oben genannten Urteil des Landgerichts Köln wurde die in Blau und Orange gestaltete Internetseite zusammen mit dem Aufbau des Textes als herkunftsweisend angesehen.

Wenn also ein Wettbewerber seine Internetseite farblich identisch gestaltet, die gleichen Texte und Werbebanner und dasselbe Layout nutzt, dann ist in der Regel von einer Nachahmung auszugehen.

Eine Hürde besteht jedoch für die Berufung auf Wettbewerbsrecht: Das Wettbewerbsrecht soll das Urheberrecht nicht umgehen, denn Urheberrecht geht dem Wettbewerbsrecht regelmäßig vor. Damit ein Anspruch aus Wettbewerbsrecht trotzdem geltend gemacht werden kann, müssen deshalb noch besondere Umstände außerhalb des Schutzbereichs des Urheberrechts vorliegen, damit das Verhalten eines Rechtsverletzers im Sinne des Wettbewerbsrechts unlauter erscheint. Entsprechend entschied das Landgericht Köln, da sich der Nachahmer gerade die Bekanntheit des Internetauftritts seines Wettbewerbers zu nutze gemacht hatte, um auf seine eigenen Produkte aufmerksam zu machen.

Wie gestalte ich am besten meine Internetpräsenz, damit ich Urheberschutz erlange?

Um die eigene Internetpräsenz möglichst urheberrechtlich schutzfähig zu gestalten sollte sie  so originell und individuell sein. Je origineller und charakteristischer der Text ist, desto eher wird die »kleine Münze« für die erforderliche Schöpfungshöhe erreicht. Eigene Wortschöpfungen und ein fantasievoller Text können dazu beitragen. Empfehlenswert, aber keine Garantie für urheberrechtlichen Schutz, ist ein suchmaschinenoptimierter Text.

Auch der Aufbau und die farbliche Gestaltung der Internetpräsenz sollten markant und einprägsam auf Betrachter wirken. Leider zeigt sich häufig erst im Rahmen eines Gerichtsverfahrens, wann ein Werbetext oder ein Internetauftritt Schutz genießt. Seien Sie trotzdem so kreativ und originell wie möglich!

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